"Prima leben und stereo":Zuhause bei Freunden

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Das Open-Air am Vöttinger Weiher besticht vor allem durch seine familiäre Atmosphäre. In diesem Jahr feiert es sein 20-jähriges Bestehen. Deshalb ist die Hamburger Band Tocotronic Headliner, die es ebenfalls seit zwei Dekaden gibt

Von Thomas Radlmaier

Feiert zusammen mit dem Open-Air am Vöttinger Weiher ihr 20-jähriges Bestehen: die Band Tocotronic, die vor drei Jahren am Sonnenrot-Festival auftrat. (Foto: Marco Einfeldt)

Zum Abschluss der losen Festival-Folge stellt die SZ Freising einen echten Open-Air-Dino vor: Das "Prima leben und stereo" wird heuer 20 Jahre alt. 14 Bands treten am 2. und 3. August auf dem Gelände am Vöttinger Weiher auf und feiern zusammen mit Veranstaltern und etwa 3500 Besuchern den Geburtstag eines sympathischen Festivals.

Angefangen hat alles 1993 mit einer Hand voll Jugendlicher, die ein kleines Musik-Fest für Freunde und Bekannte veranstalteten. Der Eintritt war kostenlos, Getränke verkaufte man aus dem Kofferraum des Autos der Eltern und neben der Bühne stand ein Grill. Anders als bei großen Musik-Events kannten sich Künstler und Veranstalter persönlich. "Die Mitglieder der damals auftretenden Blues-Band Pansen Power Project beispielsweise waren Freunde der Initiatoren", weiß Sebastian Beck vom Freisinger Kulturverein "Prima leben und stereo." Als "entscheidend" bezeichnet er das jahrelange Engagement des fast legendären "Camerloher-Freundeskreises" um Reinhard Fiedler und Jörg Jakobs. "Die haben in all den Jahren einfach immer weiter gemacht und sich von nichts aus der Bahn werfen lassen."

Die damaligen Schüler des Camerloher-Gymnasiums boten lokalen Bands aus Freising eine kostenlose Präsentationsfläche für ihre Musik. "Der Vöttinger Weiher hat eine große Open-Air-Tradition", beschreibt Beck die ursprüngliche Idee, "die Plus-Veranstalter der ersten Stunde wollten das fortführen." Die Anfangsjahre seien dann "ganz gut" gelaufen, meint er. Mit der Zeit sei das Festival "Stück für Stück" gewachsen und allmählich habe sich eine richtige Organisationsstruktur abgezeichnet. Zwar seien je nach Wetterlage "mal mehr und mal weniger" Besucher an den Vöttinger Weiher gekommen. "Doch auf der Kippe stand das Plus nie", sagt Beck. Gegenüber kommerziellen Festivals, wie dem Sonnenrot-Festival, entpuppt sich der langsame Wachstumsprozess heute sogar als ein Vorteil. "Das ganze Konzept steht auf gesünderen Füßen, wenn jedes Jahr etwas Neues dazukommt", erläutert der Plus-Pressesprecher. Aus dem Willen zur Wahrung einer Tradition hat sich inzwischen eine feste Institution entwickelt, die im alljährlichen Veranstaltungskalender der Jugend aus Freising und Umgebung fett markiert ist.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich viel verändert. "Allein der technische und organisatorische Aufwand ist ein ganz anderer als früher", vergleicht Beck. Dennoch glaubt er, dass sich das Festival seinen "alten Geist" bewahrt hat. Ihm fällt es schwer, Worte für die Beschreibung der speziellen Atmosphäre des Freisinger Festivals zu finden. "Es gibt keinen professionellen Veranstalter. Jeder, der hier mithilft, macht das ehrenamtlich", erklärt Beck, "das ist etwas Besonderes." Die Festival-Besucher würden deshalb das Gefühl haben, bei Freunden zu Hause zu sein. Das erzeuge eine gewisse Grundstimmung, eine familiäre Atmosphäre, welche die Leute zu schätzen wüssten.

Das spezielle Plus-Feeling lässt sich zum Teil auch auf die Location am Vöttinger Weiher zurückführen. "Wenn das Wetter passt, ist der Ort prädestiniert für ein Musik-Festival", meint Beck. Zudem glaubt der er, dass viele Besucher auch wegen der Musikauswahl nach Freising kämen, die durch ein geschultes Auge des Veranstalters für Newcomer besticht. "Viele lernen die Bands bei uns erst kennen, bevor sie die Musik dann selber hören", sagt Beck. Als Beispiel nennt er die Dresdener Popgruppe Polarkreis 18. Die seien auf dem Plus schon vor Jahren aufgetreten, als sie noch keiner kannte. "Heute sind die ja ziemlich erfolgreich."

Und auch im aktuellen Line-Up finden sich, laut Beck, Musik-Acts wieder, deren große Zeit erst noch kommt, wie die Münchener Band Claire. Die vierköpfige Musikformation um Frontfrau Josie Claire legt eine Mischung aus Elektro, Indie und Pop auf die Bühne. "Die werden 2014 sicherlich bekannter sein als heute", prognostiziert der Pressesprecher. Das gelte auch für die Elektro-Post-Punk-Band Sizarr aus Landau in der Pfalz, die zwar international erfolgreich, aber hierzulande zuweilen noch unbekannt ist. Derartige Künstler trügen ihren Teil dazu bei, "dass bei uns meistens schon am Nachmittag Einiges los ist vor den Bühnen."

Für die Gestaltung des Abendprogramms am Freitag und Samstag auf dem Plus sind dann andere zuständig. Als "Traum, der endlich wahr wird" bezeichnet Beck den Auftritt der Indie-Pop-Gruppe Tocotronic. Wie das Plus-Festival feiern die vier Hamburger 2013 ihr 20-jähriges Bestehen. In einem Interview mit dem Münchener Stadtmagazin "Curt" gaben Tocotronic an, dass der gemeinsame Geburtstag mit dem Plus ein Grund für die Zusage zum Auftritt in Freising gewesen sei.

Freuen dürfen sich die Freisinger auch auf den Auftritt der elf-Mann-starken Brass Band Moop Mama aus München. "Auf die freue ich mich persönlich am meisten", gibt Beck zu. Ein weiterer Headliner ist Main Concept. Nach ihrem Gig am Moosburger Red Corner Festival Anfang Juli geben sich die Müchner HipHop Urgesteine um David Pe am Freitag, 2. August, innerhalb kürzester Zeit zum zweiten Mal die Ehre im Landkreis Freising. "David Pe ist einer der besten HipHop-Freestyler in Deutschland", weiß Beck.

Aufgrund dieser und weiterer Künstler möchte er das Plus auch nicht als ein Pop-Festival verstanden wissen. Er halte die Einordnung in Musikkategorien für überholt. "Ich glaube nicht, dass sich die 20- bis 25-Jährigen heute noch rein über eine einzige Musikrichtung, also Metal, Elektro, Rock, Pop oder HipHop, definieren", sagt Beck, "die sind musikalisch für alles offen." Daher habe sich auch das Line-Up des Plus-Festivals geöffnet und liefere eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Musiksparten. "Vor zehn Jahren sei das noch anders gewesen", gibt er zu, "doch wir entwickeln uns ständig weiter."

Informationen zu allen Künstlern, die am 2. und 3. August auf dem Prima leben und stereo am Vöttinger Weiher auftreten werden sowie zu Tickets, Anfahrt und Camping gibt es im Internet unter www.prima-leben-und-stereo.de oder auf Facebook (www.facebook.com/primalebenundstereo).

© SZ vom 11.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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