Präventionskurse in Freising:Zivilcourage kann man lernen

Wie sollen sich Schüler in Konfliktsituationen reagieren, wenn ein Streit zu eskalieren droht? An Freisinger Schulen vermitteln Polizeibeamte richtiges Verhalten in schwierigen Situationen.

Caroline Ischinger

Zivilcourage kann man lernen. Seit drei Jahren üben Freisinger Schüler im Präventionsprogramm "Zammgrauft", wie sie sich in Konfliktsituationen verhalten sollten - offenbar mit Erfolg: Walter Schollerer, Jugendbeamter der Polizeiinspektion Freising, berichtet, dass die Anzeigen aus den Schulen in den vergangenen Jahren zurückgegangen seien, obgleich insgesamt die Anzeigebereitschaft zugenommen habe.

Kurs für Zivilcourage

Kurs für Zivilcourage in München: Auch Lehrkräfte sollen geschult werden.

(Foto: dpa)

Inwieweit diese positive Bilanz auf die Präventionskurse zurückzuführen ist, lässt sich nur schwer beantworten. Doch Schollerer ist überzeugt, dass der Unterricht einen wichtigen Beitrag leiste: "Die Kurse bringen relativ viel", sagt der Jugendbeamte: "Ich denke, dass sich das Klima in den Klassen gebessert hat".

Der Kurs "Zammgrauft", den die Münchner Polizei in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität entwickelt hat, soll vor allem für das Leiden der Opfer sensibilisieren und die Zivilcourage der Jugendlichen stärken. Aber auch der Zusammenhalt innerhalb der Klassen gehört zu den Zielen des Programms. Vor drei Jahren hat es die Freisinger Polizeiinspektion übernommen.

Schollerer und sein mittlerweile pensionierter Kollege Heinz Werther zeigen den Freisinger Schülern - in Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern und Lehrkräften - beispielsweise, wie sich Betroffene von Ausgrenzung fühlen, und üben mit den Jugendlichen sozial kompetentes Handeln. Der Unterricht basiert hauptsächlich auf Rollenspielen. Die Polizisten können dabei auch auf ihren eigenen Erfahrungsschatz zurückgreifen, um Schaltstellen in Konfliktsituationen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

Nicht mehr als ein "Blitzlicht"

Die wirklich schwierigen Schüler machten nur "einen kleinen Prozentsatz im einstelligen Bereich" aus, sagt Schollerer. Seine Erfahrung zeige, dass man diese aber nicht einfach regulieren könne. Zentrales Ziel des Unterrichts sei es, so Schollerer, die Betroffenen zu motivieren, "endlich mal aus sich rauskommen" und "zu ihrer eigenen Meinung zu stehen". Der Kurs solle auch vermitteln, "dass das Verhalten einiger weniger nicht üblich ist", erklärt Schollerer. Ein "wirkliches Highlight" sei für ihn ein Vorfall gewesen, als an einer Schule nach dem Kurs ein neuer Schüler in die Klasse kam, der offensichtlich mobben wollte. Die Klasse hätte das jedoch nicht zugelassen, sondern signalisiert: "Lieber Freund, bei uns nicht!"

"Wir versuchen, das Programm in allen Freisinger Schulen von der siebten Klasse an zu installieren", sagt Schollerer. Im vergangenen Schuljahr habe dies "an fast allen Schulen" geklappt, zudem wurde auf Initiative einer Sozialarbeit-Studentin aus Landshut in der Hauptschule Neufahrn ein Training angeboten. Die Kapazitäten sind jedoch begrenzt. Schollerer ist derzeit der einzige Jugendbeamte in Freising. Zusammen mit dem Verein "Owacht", der sich seit Ende 2009 der Gewaltprävention widmet, werden zusätzliche Angebote, auch im Landkreis, organisiert.

Die Präventionsarbeit in den Schulen sei nicht mehr als "ein Blitzlicht", räumt Walter Schollerer ein. Er wünsche sich zwar mehr Zeit, um mit den Jugendlichen zu reden, sieht aber, dass neben dem fehlenden Personal auch der Zeitdruck in den Schulen groß ist. Um die Nachhaltigkeit des Projekts zu sichern, sei es deshalb wichtig, die Lehrkräfte weiterzubilden. So könnten sie den Stoff aus dem Polizei-Kurs in den normalen Unterricht integrieren.

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