Polizei:Chronisch unterbesetzt

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Auch im Landkreis leiden die Polizeidienststellen unter Personalmangel. Entlastung ist erst 2020 in Sicht

Von Johannes Stuhrmann, Freising

11,7 Prozent der Polizeistellen in Oberbayern Nord sind vakant, das ist bayernweit der höchste Wert. So lautet die Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag. Auch im Landkreis Freising ist die Lage wohl nicht rosig. Laut Informationen aus dem Polizeipräsidium Oberbayern Nord liegt die Vakanz in der Polizeiinspektion (PI) Freising bei 17,5, für Neufahrn bei 18,4 und für Moosburg bei 7, 9 Prozent.

Der Wert berechnet sich aus der Differenz zwischen eingeplanter Soll-Stärke und verfügbarer Ist-Stärke. Also wie viele Stellen der Inspektion zugeordnet und wie viele faktisch besetzt sind. Bei der Polizei Freising sind 80 Stellen vorgesehen, davon sind 66 dienstlich verfügbar. Längere Ausfallzeiten durch Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternzeit oder Fortbildungen drücken die Ist-Stärke, erklärt Freisings Polizeichef Ernst Neuner. Dagegen steigt die Soll-Stärke unter anderem mit Wachstum der Bevölkerung. Diese wurde zuletzt 2014 angepasst. Seitdem ist die Bevölkerung in Freising um knapp 5000 Personen in die Höhe gegangen. Außerdem nehmen die Aufgaben zu. Neuner verweist auf Cyber-Kriminalität, Sondereinsätze bei Demonstrationen, wie gegen die dritte Startbahn, die Funktion der Polizei als Ansprechpartner für Asylbewerber oder die drastische Zunahme des Verkehrs und damit auch von Verkehrsunfällen.

Wo spürt man also den personellen Mangel? Ganz konkret haben die bayrischen Polizisten in den vergangenen Jahren knapp zwei Millionen Überstunden angesammelt. Der Wert in den Inspektionen Freising, Neufahrn und Moosburg liegt zwischen 70 und 90 Stunden pro Stelle, sagen die Polizeichefs im Landkreis. In Bayern sind es durchschnittlich 69 Überstunden je Polizist. "Um die Aufgaben trotzdem zu bewältigen, arbeiten die Inspektionen stärker zusammen", erklärt Hermann Eschenbecher, Dienststellenleiter in Neufahrn.

Zumindest macht sich die etwas dünne Personaldecke nicht in den Kriminalitätszahlen bemerkbar, die soeben für das Jahr 2017 veröffentlicht wurden. Für den Landkreis Freising, ohne Flughafen, wurden 6628 Straftaten gemeldet; das bedeutet einen Rückgang von 4,6 Prozent zum Vorjahr. Die Aufklärungsquote beträgt 59,6 Prozent. Den Eindruck dieser Statistik bestätigt auch Freisings Polizeichef Neuner: "Die Sicherheitslage ist gut."

Um den Personalmangel zu lösen, sollen im Rahmen des Programms "Sicherheit durch Stärke" laut Innenministerium bis 2020 jährlich 500 neue Stellen geschaffen werden, 1000 davon für die Grenzpolizei. In Freising und Umgebung hofft man, ebenfalls berücksichtigt zu werden. Eine Entlastung verspricht sich Neufahrns Polizeichef Eschenbecher erst ab 2019, wenn für viele Polizeianwärter die Ausbildung abgeschlossen sei. Derzeit kommen in Bayern auf einen Bewerbungsplatz sieben Bewerber. Nachwuchsmangel ist also nicht zu befürchten. Damit könnten zumindest die Pensionsabgänge der geburtenstarken Jahrgänge ausgeglichen werden, so der Moosburger Polizeichef Christian Bidinger. Schon jetzt ist zum Beispiel das Neufahrner Polizei-Team mit durchschnittlich 35 Jahren jung. "Dieses kann den anstrengenden Schichtdienst gewährleisten", versichert Eschenbacher.

Leidet unter der Mehrbelastung das Arbeitsklima? Eschenbecher verweist auf geringe Krankheitsmeldungen: "Das junge Team hat einen guten Zusammenhalt", sagt er. Auch seien die Inspektionen keine "Durchlaufstationen" mehr. "Das Personal bleibt und damit die Kompetenz", bestätigt auch der Freisinger Inspektionsleiter Neuner. Sind die erhofften zusätzlichen Stellen besetzt, möchte man mehr Präsenz zeigen, stimmten alle Dienststellenleiter überein. Neuner wünscht sich "eine Fußstreife" und "den Polizisten zum Anfassen".

© SZ vom 07.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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