Personalie:Sprecherin außer Dienst

Personalie: Eva Dörpinghaus war seit 2004 Pressesprecherin im Freisinger Landratsamt, hat unzählige Anfragen beantwortet, viele Reden geschrieben und auch so manche Katastrophe durchgestanden. Jetzt ist sie Rente und blickt zurück, dafür hat sie jetzt Zeit.

Eva Dörpinghaus war seit 2004 Pressesprecherin im Freisinger Landratsamt, hat unzählige Anfragen beantwortet, viele Reden geschrieben und auch so manche Katastrophe durchgestanden. Jetzt ist sie Rente und blickt zurück, dafür hat sie jetzt Zeit.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Freiberuflichkeit war auf Dauer nichts für sie, also ging Eva Dörpinghaus Anfang der 90er Jahre zum Freisinger Landratsamt. Zuletzt war sie Pressesprecherin und musste bei Hochwasser auch mal in Sonderschicht arbeiten. Seit 1. Oktober ist sie in Rente und muss sich erst noch daran gewöhnen.

Interview von Clara Lipkowski, Freising

Bei der Frage, wie viele Bücher sie denn geschrieben habe, muss Eva Dörpinghaus auch erst einmal überlegen. "Fünf waren es", sagt sie, nachdem sie alle Titel an einer Hand abgezählt hat, alle drehen sich um die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Das Thema Emanzipation war es auch, das sie zu ihrem ersten Job im Landratsamt gebracht hat: 1992 wurde sie dort Gleichstellungsbeauftragte. Später koordinierte sie die Verwaltungsreform, dann die Agenda 21. Im Jahr 2004 wurde sie auf Bitten des damaligen Landrats Manfred Pointner schließlich Pressesprecherin. Nun, ganz frisch in Rente, blickt die 61-Jährige zurück.

SZ: Frau Dörpinghaus, Sie waren erst Journalistin und sind dann in eine Behörde gewechselt. Wie war die Umgewöhnung von der journalistischen Art zu schreiben zum Behördendeutsch?

Eva Dörpinghaus: Das war überhaupt nicht schwierig, denn meine Aufgabe in der Pressestelle war es ja, die Informationen aus dem Landratsamt so zu "übersetzen", dass die Journalisten sie gerne nehmen. Ich habe vorher für die Vogue, Elle, Brigitte und Freundin zu medizinischen Themen geschrieben, da musste ich auch schon diese Übersetzungsarbeit leisten.

Warum haben Sie Ihre Autorinnenkarriere aufgegeben?

Weil man davon nicht leben konnte. Das war sehr schlecht bezahlt. Man bekam nur zehn Prozent vom Verkaufspreis, vielleicht 1,50 Mark pro Buch. Meine Bücher hatten nur eine kleine Auflage, höchstens 15 000.

Wie kamen Sie zum Landratsamt?

Ich habe in der Zeitung von der Stelle gelesen. Mein Sohn ging in die Grundschule. Eine Halbtagsstelle schien mir realisierbar. Und die Position hatte mich interessiert, weil ich damals schon viel gemacht hatte zur Gleichberechtigung. Zum Beispiel habe ich die erste Neufahrner Frauenwoche ins Leben gerufen, woraus der Frauentreff entstand. Da habe ich mir gedacht, ich könnte ja auch mal Geld verdienen, mit dem, was ich ehrenamtlich mache, hab mich beworben, die Stelle gekriegt und das fünf Jahre gemacht.

Warum ist Ihnen das Thema Emanzipation so wichtig?

Vielleicht ist das eine Frage meiner Generation. Ich habe einen sehr emanzipierten Vater gehabt, der Rollenklischees nicht gelebt hat. Für meine Eltern war immer sonnenklar, dass ich den gleichen Weg gehen kann wie mein Bruder, wenn ich das möchte, also studieren, einen Beruf ergreifen.

Welche Themen fielen an Anfang der 90er als Gleichstellungsbeauftragte?

Ein großes Thema war - wie heute leider auch - Gewalt gegen Frauen und Mädchen, sexueller Missbrauch von Mädchen. Damals war das Frauenhaus in Freising gerade erst gegründet worden. Es war ein großer Kampf der ehrenamtlich tätigen Frauen, in die Köpfe der Menschen rein zubekommen, wie notwendig das ist und zu zeigen, dass sich das Problem quer durch alle Gesellschaftsschichten zieht, also nicht nur bei Asozialen stattfindet, sondern auch bei Akademikern. Ein anderes Thema: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und die tradierte Berufswahl, dass Mädchen Frauenberufe wählen und die schlechter bezahlt sind.

Sie gelten politisch als "grün". Wie arbeitet es sich unter Landräten der CSU oder der Freien Wähler?

Die politische Einstellung zurückstecken muss man ja in fast jedem Job. Die Position der Gleichstellungsbeauftragten ist hochpolitisch, aber überhaupt nicht parteipolitisch. Die Agenda 21 war eh ein "grüner" Auftrag. Bei der Pressestelle war es auch kein Problem, weil ich ja nicht die politische Arbeit eines Landrats verkaufen musste. Ich war in erster Linie Sprecherin der Verwaltung. Die Landräte haben sauber getrennt zwischen Parteiarbeit und der Arbeit als Chef der Behörde.

Sie schrieben auch die Reden der vier Landräte, unter denen Sie arbeiteten.

Ja. In diesen Positionen haben sie einfach keine Zeit, die selbst zu schreiben. Da ist es Dienstleistung, zu recherchieren, wenn der Schützenverein 100 Jahre alt wird. Ich habe an die 2000 Reden geschrieben.

Wie nah war der Kontakt zum Landrat?

Unterschiedlich, das hing auch vom Menschen ab. Am meisten privat gemacht haben wir mit Michael Schwaiger, da ging man einmal die Woche zusammen essen. Beruflich traf man sich alle zwei, drei Tage. Als 2015 sehr viele Flüchtlinge kamen, trafen wir uns in großer Runde täglich mit Josef Hauner. Wenn ich sonst dringend was hatte, konnte ich immer hin, da war's ein Anruf bei seiner Sekretärin, da habe ich gesagt, du ich muss den Chef sprechen, dauert auch nur ein paar Minuten, und sie: Okay, ich kann dich dazwischen schieben.

Als Sie Pressesprecherin waren, gab es große Ereignisse: Hochwasser 2005 und 2013, der Skandal um Müller-Brot 2012.

Bei Müller-Brot ist ja das Landratsamt hingegangen und hat die Produktion irgendwann gestoppt, aus hygienischen Gründen. Das würde ich nicht als skandalös bezeichnen. Es gab einen Wahnsinnsmedienhype, aber das Landratsamt hat einen guten Job gemacht.

Bei den Hochwassern: Mussten Sie rund um die Uhr abrufbar sein?

Ja, schon. Einmal bin ich um Mitternacht gegangen und der nächste Anruf von der ARD kam morgens früh, weil sie den neusten Stand in den 6-Uhr-Nachrichten bringen wollten. Da hatte ich schon mein Handy im Bett. Für den Katastrophenfall habe ich später ein Handbuch für die Pressestelle erarbeitet.

Was werden Sie gar nicht vermissen?

Lacht. Reden schreiben.

Und im Kontakt mit Journalisten?

Beim Thema Asyl ist mir aufgefallen, dass die Grenze zwischen Berichterstattung und Kommentar nicht immer sauber eingehalten wurde und sich Journalisten zum Anwalt der Geknechteten machen und die Behörde als den sieht, der schikaniert, knechtet. Das halte ich für keinen guten Journalismus. Ich habe gelernt, da sauber zu trennen. Ich will keine Medienschelte betreiben, aber es hat mich geärgert, weil ich es ungerecht fand. Das werde ich auch nicht vermissen.

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