Weihnachtsgebäck:Drücken, riechen, kauen

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Manfred Stiefel (links) und der Moosburger Bäcker Thomas Grundner bei der traditionellen Stollenprüfung. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Lebensmittel-Tester Manfred Stiefel analysiert in Freising wieder 36 verschiedene Stollen-Varianten.

Von Clara Lipkowski, Freising

Kürzlich fragt ein Zugezogener, einer aus dem Ausland, das erklärt sich schon an der nun folgenden Frage von selbst, er fragt also: Was ist Stollen? Jetzt könnte man wie aus der Pistole geschossen sagen: Ein Kuchen halt. Ein Weihnachtskuchen. In Wahrheit ist Stollen aber mehr. Es gibt schließlich nicht nur den einen. Der Stollen nach Dresdner Art hat es längst in die Auslagen der Freisinger Konditoreien geschafft. Er muss sich aber die Konkurrenz eines Quark-, Mohn-, Nuss- oder Marzipanstollens gefallen lassen. Bisweilen sogar eines Exoten, des Kokos-Stollens oder im extremeren Fall eines After-Eight-Stollens. Weißwurst-Stollen wurde aber bislang noch nicht in Freising gesehen, dafür aber alle anderen oben genannten und zwar bei der Stollenprüfung am Montag in der Sparkasse.

Die Bank an der Unteren Hauptstraße richtet die Prüfung jedes Jahr mit dem Verein "Deutsches Brotinstitut" aus. Während geprüft wird, bekommen Bankkunden Stollen gereicht. Es heißt: Jetzt in der Vorweihnachtszeit passt das doch so gut, probieren Sie mal. Die acht teilnehmenden Bäcker aus den Landkreisen Freising und Erding können Zertifikate mit einem "Sehr gut" oder "Gut" ergattern und damit in ihren Geschäften werben. 36 Stollen sind es heuer und Manfred Stiefel probiert sie alle. Gerade drückt der Prüfer an einem halbierten Nuss-Stollen herum, so will es das Prüfungskriterium "Struktur und Elastizität". Dann streicht er mit dem Zeigefinger über das marmorierte Muster, Stichwort: "Krumenbild". Er schneidet eine Scheibe ab, riecht daran, beißt hinein, kaut konzentriert.

Der Stollentester prüft auch Brot - mitunter auch mit Spreewaldgurke

Der 55-jährige gebürtige Berliner macht den Job als einer von drei Stollenprüfern des Vereins. Da er inzwischen in Konstanz lebt, ist er für Süddeutschland zuständig. Der Bäckermeister hatte sich aus Interesse an Lebensmittelqualität zum "sensorischen Sachverständigen" fortbilden lassen. Seit mehr als zehn Jahren prüft er schon, eine Erkältung ist ihm glücklicherweise noch nicht in die Quere gekommen. Er ist außerdem Brottester und hat dafür schon in allerlei Krumen gebissen. Im Spreewald schon einmal in eine mit - nun ja - Spreewaldgurke.

In Freising aber ist die Gurke fern. Stiefel tippt seine Bewertung in den Laptop. Irgendetwas zu beanstanden? "Nein, einwandfrei." Heißt: 100 von 100 Punkten. Da lächelt Thomas Grundner, der neben Manfred Stiefel steht. Der Moosburger Bäcker ist Schöpfer jenes Nuss-Stollens. Die Gesamtbilanz des Prüfers fällt am Ende des Tages fast durchweg positiv aus: 33 Stollen haben sehr gut oder gut abgeschnitten. Nicht prämiert wurden drei Stollen, nachzulesen in Kürze auf der Vereins-Homepage.

Wer jetzt aber vor lauter Stollenbegeisterung ein wenig zu viel des Gebäcks daheim deponiert und dieses, rein aus Versehen, wegen all der Lebkuchenkonkurrenz, doch trocken werden sollte, dem sei der 3. Januar ans Herz gelegt. Da ist dann der internationale Tag des Stollen-Weitwurfs.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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