Party zum Jubiläum:Kuriose Sonderstellung

In Eching ist die vor 70 Jahren gegründete SPD die älteste Partei

Dass ausgerechnet in einem ursprünglich bäuerlich geprägten Dorf wie Eching die SPD die älteste politische Partei ist, bildet in der Historie dieses Ortsverbandes ein Ursprungskuriosum. Die Sonderstellung der SPD Eching erreichte ihre bedeutendste Ausprägung, als die Genossen in dem ausweislich der überregionalen Wahlergebnisse tiefschwarzen Ort 26 Jahre lang den Bürgermeister und die Gemeinderatsmehrheit stellten. Im September 2016 wurde der Ortsverband 70 Jahre alt, nach dem Bürgermeisterwahlkampf vor Jahresfrist wurde die Jubiläumsparty auf diesen Donnerstag, 23. März, verschoben.

Hintergrund der frühen SPD-Gründung in einem Ort, in dem bis Mitte des 20. Jahrhunderts wohl kein einziger "Proletarier" im damaligen Wortsinn lebte, also Industriearbeiter oder abhängig Beschäftigter, war die kriegsbedingte Ansiedlung hunderter sudetendeutscher Flüchtlinge. Als erste Organisation in der neuen Heimat gründeten diese Heimatvertriebenen als landsmannschaftliches Sammelbecken 1946 im Bahnwirt einen SPD-Ortsverein.

Von der ersten demokratischen Gemeinderatswahl an war die SPD daher konstant im Echinger Gemeinderat vertreten. Der große Quantensprung in der Historie gelang 1972, als die Genossen mit Joachim Enßlin den Bürgermeister stellten und eine absolute Mehrheit im Gemeinderat errangen. Die explosionsartige Entwicklung des einstigen Bauerndorfes erhielt ihre Ausgestaltung unter wesentlicher SPD-Prägung. Mit Anke Martiny im Bundestag und Carmen König im Bayerischen Landtag stellte der Ortsverein in jenen Jahren auch die überörtliche politische Repräsentanz.

Nach 18 Jahren in der Rolle der zweitstärksten Kraft im Rathaus und drei vergeblichen Anläufen, das von Enßlin und Rolf Lösch von 1972 bis 1998 gehaltene Bürgermeisteramt wieder zu erobern, gelang dies pünktlich zum 70. Geburtstag mit einer "externen" Kraft. Sebastian Thaler, kein Parteimitglied, aber von der SPD nominiert, ist seit September 2016 der dritte Bürgermeister unter SPD-Fahne im Echinger Rathaus.

Zum 30. Geburtstag 1976 kam zu diesem speziellen Ortsverband sogar der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Wilhelm Hoegner zur Jubiläumsfeier, wo er mit seinen damals 88 Jahren nicht nur die Festrede hielt, sondern auch noch das "Niederbayerische Kammerfensterlied" intonierte. Zum 40. Geburtstag gratulierte Bundestagsvizepräsidentin Annemarie Renger und Bürgermeister Enßlin und Pfarrer Reichlmair spielten eine selbst inszenierte Echinger Fassung von "Don Camillo und Peppone". An diesem Donnerstag, 23. März, wollen die Genossen in lockerer Form und Festreden-frei im Bürgerhaus ihr 70-jähriges Bestehen feiern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: