Palmkätzchen schützen:Samtweiche Frühlingsboten

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Wer etwas für den Umweltschutz tun will, der kauft die Palmzweige auf dem Markt, statt sie selbst in der freien Natur zu pflücken. (Foto: Marco Einfeldt)

Oft kommen Palmkätzchen als Heimdeko zur Geltung. Naturschützer ärgern sich aber über "Wildpflücker". Denn wenn Bienen den Winter überlebt haben, dann sind die Knospen im Frühling ihre erste Nahrungsquelle

Von Clara Lipkowski, Freising

Sie sind ein Vorbote des Frühlings, flauschig weich und machen sich in der Wohnung gut als Dekoration. Palmkätzchen sind vielerorts im Landkreis zu sehen und bilden mittlerweile ihre typischen silbrig-weißen Knospen an dunklen Zweigen. Schneidet sich aber manch Spaziergänger den ein oder anderen Zweig für das häusliche Wohnzimmer ab, dann ruft er damit bisweilen Naturschützer und Imker auf den Plan.

Denn Palmkätzchen sind im Frühjahr vor allem für Bienen die erste Nahrungsquelle. Aber auch überwinternde Schmetterlinge, Käfer und Fliegen profitieren von den weichen Knospen, wenn der Frühling kommt. "Honig- und Wildbienen benötigen die Blüten der Salweide als Eiweißquelle", sagt der Marzlinger Imker Sebastian Roth. Die "Dekosammler" seien für ihn "ein großes Ärgernis", sagt Roth, er fürchtet um die Existenz seiner Bienenvölker und fordert Wildpflücker auf, die Knospen nicht zu rauben. Am Fuchsberg bei Marzling etwa seien nahezu alle Palmkätzchen abgerissen worden und lägen teils kaputt auf dem Boden.

Manfred Drobny vom Bund Naturschutz in Freising sieht vor allem ein großflächiges Abschneiden der Pflanze kritisch, hält die Lage insgesamt aber nicht für dramatisch. "Es ist nicht das große Naturschutzproblem", sagt er, wenn ein Spaziergänger am Wegrand zwei, drei Zweige abschneide, stehe das in keiner Relation zu professionellen Pflegeschnitten, die teils wesentlich größere Mengen vernichteten. Allerdings gebe es grundsätzlich im Frühling zu wenige Blüten für die Insekten. Auch Klaus Tschampel von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt stuft "Wildpflücker" als "relativ niedriges Problem" ein. "Ein paar Zweige abzuzupfen ist kein Problem", sagt er. "Aber mal im Klartext: Die Pflanzen sind ja in der Regel nicht herrenlos, sie gehören ja irgendwem." Werde "die halbe Nachbarschaft" mit den Zweigen versorgt, sei dies schlicht und ergreifend Diebstahl. Deswegen solle man größere Mengen lieber kaufen, etwa auf dem Wochenmarkt, wo Händler die Palmkätzchen aus Kulturen privater Landwirte bezögen.

Die Zweige der Landwirte würden üblicherweise im Winter geschnitten, im Kühlhaus gelagert und vor allem in der Woche vor Ostern verkauft, berichtet Tschampel, denn im Brauchtum spielen die Kätzchen eine besondere Rolle: Zu Palmsonntag werden sie kunstvoll zu Palmbuschen gebunden und stehen symbolisch für ein fruchtbares Jahr in der Ackerwirtschaft. Wann die Weide Knospen und Blüten zeige, sei witterungsabhängig, sagt Tschampel, bei langen, sehr kalten Wintern, behalte sie bis März die Knospen und blühe erst dann.

Dass die Salweide, die die Palmkätzchen trägt, unter Naturschutz stehe, sei ihm nicht bekannt, sagt Tschampel. Pflücke man sie aber im Naturschutzgebiet, sehe die Sache schon wieder anders aus. Eine Gefährdung der Salweiden sieht Tschampel aber nicht. "Die Weide ist äußerst regenerativ, da kann man viel abschneiden und dann treibt sie trotzdem wieder", sagt er. Dem entgegnet der Imker Sebastian Roth: "Werden jetzt die Palmkätzchen abgerissen, hilft es nicht, dass sie im nächsten Jahr wieder neu wachsen." Die Bienen bräuchten die Nahrungsquelle schließlich sofort, um auch nach dem Winter zu überleben. Müsse eine Biene weiter fliegen, weil sie keine Knospen findet, könne sie das ihr Leben kosten. Er meint: Jeder könne seinen Beitrag zum Naturschutz leisten und die Kätzchen einfach kaufen, statt sie wild zu pflücken.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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