Selbstversorgung und Schlafen in der Jurte:Die Gemüse-Kommune

haslach

Marius Diab und Julia Laas bewirtschaften zusammen mit weiteren Mitgliedern der Solidarischen Landwirtschaft Auergarden Felder bei Haslach.

(Foto: Katharina Jaksch)

Die Solidarische Landwirtschaft "Auergarden" baut gemeinschaftlich und ökologisch auf einem Acker bei Haslach unterschiedliche Kulturen an.

Von Laura Dahmer, Au

Die Sonne scheint, so richtig warm ist es aber nicht: Ein kühler Wind bläst über das Feld. Marius Diab und Julia Laas treibt es trotzdem raus, eingepackt in dicken Jacken gehen sie ihrer Arbeit nach. Mit Hacke und Grabegabel stehen sie auf einem Acker bei Au in der Hallertau und begutachten ihr Kohlgemüse. Laas reißt probehalber ein Blatt ab, dreht es in der Hand, beißt mit kritischem Blick hinein. Die beiden sind Teil der Solidarischen Landwirtschaft Auergarden, einer ökologischen Gemeinschaft, die regional Obst und Gemüse anbaut und sich damit selbst versorgt.

Viel zu ernten gibt es allerdings nicht mehr, der Sommer ist vorbei und ein Großteil der Fläche unbestellt. "Im Winter haben wir noch Grünkohl, Rosenkohl, Feldsalat, Karotten, Lauch", zählt Diab auf. "Diese Pflanzen überstehen auch kältere Temperaturen."

Über das ganze Jahr baut die Solidarische Landwirtschaft über 40 Kulturen an, darunter Gurken, Kürbis, Tomaten, Kräuter, Äpfel und Beeren. "Und so ziemlich alles, was es an Gemüse gibt", ergänzt Laas. Auch Seltenheiten wie Steckrüben und Palmkohl, die heute kaum einer mehr kenne. "Diese Vielfalt streben wir bewusst an, weil wir im Sinne unserer erweiterten Selbstversorgung alles anbieten wollen."43 Mitglieder machen aktuell bei dem Auergarden-Projekt mit und können sich ihre Ernte wöchentlich aus Depots in Freising und München abholen. Damit sie sich im Winter nicht nur von Kohl und Karotten ernähren muss, verarbeitet die Gemeinschaft einige ihrer Ernten weiter - zu Marmeladen, Chutney, Apfelsaft. Zudem gebe es Lagergemüse wie Kartoffeln, Rote Beete, Zwiebeln und Pastinaken, sagt Marius Diab.

"Ich habe in diesem Jahr fast 300 Gläser Apfelmus eingemacht", sagt Laas lachend. Was sie über den Monatsbeitrag hinaus beisteuern, können die Mitglieder selbst entscheiden. "Manche kommen fast jede Woche aufs Feld, andere fast nie. Dafür machen sie dann aber andere Dinge: Flyer entwerfen oder Ausrüstung besorgen", erklärt Marius Diab. Die Gemeinschaft sei generationenübergreifend und bunt gemischt: Studenten, Alleinerziehende und Senioren gehören dazu.

Nebenan wächst auf großer Fläche Raps aus dem Boden, in ihrem Rücken türmen sich Gerüste eines Hopfengartens auf

Während sie von ihrer traditionellen, ökologischen Selbstversorgung erzählen, wirken Diab und Laas auf dem weitläufigen Gelände in Au etwas umzingelt: Nebenan wächst auf großer Fläche Raps aus dem Boden, in ihrem Rücken türmen sich unzählige Gerüste eines Hopfengartens auf. "Wir spritzen nicht, wir benutzen keinen Mineraldünger - zwei kleine Sätze, aber Unterschiede wie Tag und Nacht", sagt Laas mit Blick auf das Rapsfeld. Und: In kritischen Jahren mit hohen Ernteausfällen kommt die Solidarische Landwirtschaft Auergarden oft besser weg als ihre Nachbarn. "Wir bauen keine Monokulturen an, sondern alles Mögliche auf einem Feld. Auch wenn mal ein Teil der Ernte wegbricht: Irgendwas überlebt immer." Insgesamt bewirtschaftet die Gemeinschaft zwei Felder, 170 Quadratmeter Gewächshausfläche und einen Apfelgarten. Eigentlich wollte Grundbesitzer Georg Schwaiger dort Biohopfen anbauen und an ökologische Brauerein verkaufen. Dafür gab es damals aber noch keinen Markt. Und so begann Schwaiger, den Diab und Laas nur "Schorsch" nennen, mit jungen Leuten Gemüse anzubauen, zunächst auf einem Feld.

Marius Diab, ist dann "irgendwann da hineingerutscht". Der 27-Jährige hat in München Kunst studiert, lernt den Gartenanbau jetzt als Quereinsteiger. Vor etwa zwei Jahren baute Diab sich eine Jurte auf Schwaigers Grund und stieg voll in das Projekt ein. Julia Laas kam in diesem Jahr zur Solidarischen Landwirtschaft Auergarden. Sie studierte Gartenbau an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und war danach auf der Suche nach einer Gemeinschaft wie in Au. "Ich kam wie die Jungfrau zum Kind", erinnert sich die gebürtige Münchnerin. Viele wollen den Job nicht mehr machen, er sei zäh und rentiere sich oft nicht. Ungefähr 35 Stunden verbringe sie im Sommer auf den Feldern, bei Diab sind es vermutlich mehr. "Ich zähle das nicht mit."

Laas würde das Projekt der Solidarischen Landwirtschaft in Zukunft gerne weiter ausbauen: "Alternative Ansätze im Anbau, wie die Ackerpflege mit Pferden, oder das Feld von Schweinen umpflügen lassen", überlegt sie. Auch einen Ferienbauernhof könne sie sich vorstellen. "Damit Kinder sehen können, wie der klassische Anbau funktioniert." Viele wüssten das gar nicht mehr, fällt auch Diab auf. Er erinnert sich an einen Schulausflug auf ihren Acker. "Ich werde nie das Gesicht eines Mädchens vergessen, als sie eine Karotte ziehen durfte. Das war vielleicht ein breites Grinsen!"

Die Solidarische Landwirtschaft lädt am Dienstag, 7. November zu einer Infoveranstaltung für Interessierte ein. Beginn ist um 17 Uhr im Vis-a-Vis, Kölblstraße 2.

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