Oberfischbach:Kunst im Fluss

Monika Glasl schafft ihre Werke aus dem Material, das ihr die Natur bietet. Anschließend werden die Skulpturen dann vom Wasser wieder weggespült

Von Martina Schulz, Oberfischbach

Wer schon einmal auf der Strecke zwischen Königsdorf und Vorderriß an der Isar entlang gewandert ist, hat sie vielleicht gesehen. Vielleicht hat er eine kurze Zeit verweilt und die Ruhe und die fast archaisch anmutende Klarheit eine Zeit lang betrachtet. Fasziniert steht der Wanderer vor diesen Werken aus Material, das die Isar mit sich bringt, anspült und wieder fortträgt. Installationen aus Steinen, Segel aus Weide und im Winter Pyramiden aus Eisschollen.

Monika Glasl aus Oberfischbach schafft Land-Art - Kunst aus der Natur. "Die Isar ist mein Fluss", sagt sie. Die Werke der 47-Jährigen leben von dem, was der Fluss bietet: Schwemmholz, Gras, Sand und seit kurzem Ton. Gelegentlich fließen auch weggeworfene Gegenstände wie Holzbretter in ihre Arbeiten ein. Im Winter schafft sie aus Schnee und Eis magisch glitzernde Skulpturen. Doch so sicher, wie das Wasser talwärts fließt, so sicher ist diese Magie vergänglich: Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen werden Eis und Schnee wieder zu einem Teil des Flusses. Es ist diese Vergänglichkeit, die Glasl, deren Großvater der Bildhauer Jakob Christl war, so fasziniert. Sie liebt es, frei von materieller Belastung zu sein. Für diese Kunst braucht man keine Garage oder Werkschuppen; verkauft werden kann sie auch nicht: "Manches hält grad ein Foto aus." Da gleicht sie Andy Goldworthy, der durch die Dokumentation "Rivers and Tides" einem breiteren Publikum bekannt wurde. Zu Glasls Vorbildern zählt er dennoch nicht. Sie hat ihn erst durch Bücher kennen gelernt, die ihr Bekannte und Freunde schenkten, denen ihre Kunst einfach gefiel.

Oberfischbach: Würfel aus Schilf - und bald vom Winde verweht: Die filigranen, vergänglichen Kunstwerke am Strand der Isar faszinieren die Spaziergänger.

Würfel aus Schilf - und bald vom Winde verweht: Die filigranen, vergänglichen Kunstwerke am Strand der Isar faszinieren die Spaziergänger.

(Foto: privat)

Wobei ihr zu Beginn ihres Schaffens 2004 gar nicht bewusst gewesen sei, dass es sich um Land-Art handele: "Man findet etwas, erkennt Gegenständliches und reagiert spontan." Das war es, was sie ursprünglich auf ihren Streifzügen durch die Natur des Oberlandes begeisterte. Die Erkenntnis, dass sie damit die Grundvoraussetzung für Land-Art erfüllte, folgte später. In den Sechzigerjahren in den USA entstanden, kennt diese Kunstform vor allem ein Prinzip: Die Werke sind dem Vergehen unterworfen. Für einen Steinkreis habe sie mal "stundenlang Steine geschleppt wie ein Depp", dann sei das Hochwasser gekommen - und der Steinkreis verschwunden. Doch die Isar wird nicht nur ihrem Namen als "Reißende" gerecht: Durch die Zerstörung entstehen andere Räume, die Glasl zu nutzen weiß. Plötzlich ist eine Kiesbank da, die es zuvor nicht gab. Und wenn sich eine spontane Idee ergibt, dann wird wieder mit Formen experimentiert, dann wird das Wasser sogar gelegentlich zum Klebstoff für die Skulpturen: "Entweder es hält mit Gras und Batz oder halt nicht." Für Glasl zählt weniger das Ergebnis, sondern der Prozess des Schaffens. Und der Fluss beeinflusst diesen Prozess. Am Wasser kommt keine Langeweile auf, "es gurgelt, es blubbert, es spritzt."

Wirklich verlassen hat Glasl die Isar nie. Aufgewachsen in München fand sie das Element wie viele Kinder schon immer spannend. 1994 heiratete sie und noch im gleichen Jahr zog sie nach Oberfischbach an die Isar, "weil mein Mann von hier ist". Der Umgang mit den Materialien, die der Fluss liefert, ist für sie auch Meditation, die ihrer inneren Rastlosigkeit für einen Augenblick Einhalt gebietet. Wohl auch deshalb zeichnen klare Linien, Dreiecke und Kreise ihre Werke aus: "Ich wurde mal gefragt, warum ich immer so Geometrisches mache, das sei doch die Kunst des Einfallslosen. Vielleicht wirkt Geometrie auf Bildern tatsächlich einfallslos, aber wenn man in der Natur arbeitet, die chaotisch ist, dann kommt Geometrie erst deutlich zum Tragen." Die offene Landschaft des Flussbettes mache den Blick weiter, das Sonnenlicht verdeutliche die Strukturen.

Oberfischbach: Monika Glasl hat mit der Land-Art vor elf Jahren begonnen.

Monika Glasl hat mit der Land-Art vor elf Jahren begonnen.

(Foto: privat)

"Ich kann jedem nur empfehlen, dass er es selber mal ausprobiert", sagt Glasl, die an der Grundschule in Königsdorf unterrichtet. Gerade Kinder sollen Natur in jeder Hinsicht begreifen: "Am Fluss finden Kinder immer etwas, man muss nur Freiräume zulassen."

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