Nur die Rendite zählt:Demonstration in Moosburg

Die 170 Mitarbeiter des Garagentor-Herstellers Cardo Door haben monatelang Überstunden ohne Zuschläge akzeptiert - jetzt fürchten sie um ihren Arbeitsplatz. Der schwedische Mutterkonzern Assa Abloy will das Werk schließen, weil die Rendite nicht stimmt.

Alexander Kappen

Sepp Raith ist ein Mann der direkten Worte. "Mir sind das zu wenig Leute hier", monierte der Liedermacher am Montag bei der Protestkundgebung in Moosburg gegen die Schließung des Cardo-Door-Werks vor den Toren der Stadt: "Das geht alle an. Wo sind alle Bürger, Geschäftsleute und Wirte? Wenn die Leute keine Arbeit mehr haben, verdienen auch sie nicht." Gute 100, vielleicht auch knappe 150 Menschen waren dem Aufruf der IG Metall gefolgt, um auf dem Plan gegen die Auflösung des Werks mit seinen rund 170 Mitarbeitern zu demonstrieren. Betriebsratschef Giovanni Papaccio forderte den Mutterkonzern Assa Abloy auf, "die Entscheidung zurückzunehmen und in die bestehenden Standorte zu investieren".

Im Blaumann, die rote Gewerkschaftskappe auf dem Kopf, die Trillerpfeife im Mund und ein Prostestplakat in der Hand - so standen viele Mitarbeiter des Wanger Garagentor-Werks vor dem als Bühne umfunktionierten Lastwagen, von dem aus Gewerkschafter, Politiker und Betriebsräte ihrem Ärger Luft machten und immer wieder ihren Willen zum Widerstand bekräftigten. "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt", stimmte Protestsänger Raith die Demonstranten gleich zu Beginn ein.

Vergangene Woche hatte der schwedische Mutterkonzern Assa Abloy das Konzept von IG Metall und Betriebsrat abgelehnt, das dem ohnehin schon schwarze Zahlen schreibenden Cardo-Door-Werk in Wang elf Prozent Rendite versprochen hätte (wir haben berichtet). Die Antwort der Geschäftsleitung sei "kurz und deutlich" gewesen, berichtet der IGM-Nebenstellenleiter Werner Rauch: "Cardo Door passt nicht mehr in die Strategie des Konzerns, hat es geheißen. Das ist eine Riesen-Sauerei." Der Konzern entziehe sich seiner Verantwortung "und nimmt 170 Menschen ihre Lebensgrundlage - Pfui!"

Papaccio und sein Stellvertreter Max Wagner erzählten, welchen Einsatz die Cardo-Door-Mitarbeiter in den vergangenen Jahren für ihren Arbeitgeber gebracht hätten - vergeblich. "Wir haben zum Beispiel Langarbeit und Überstunden ohne Zuschläge akzeptiert und allein in den letzten fünf Monaten mehr als 70 Versetzungen hingenommen, um personell Lücken zu schließen." Wagner erinnerte an das Hochwasser im Jahr 1999, als die Cardo-Door-Mitarbeiter Tag und nach Sandsäcke geschleppt hätten, um ihre Firma und somit auch ihre Familien vor Schaden zu bewahren. "Und was ist der Dank? Die Kündigung wegen der Strategie. Das verstehen wir nicht! Dass wir Menschen sind, ist dem Konzern scheißegal."Bei den anstehenden Verhandlungen mit der Geschäftsführung werde man nun für möglichst hohe Abfindungen kämpfen: "Die sollen bluten."

Wangs Bürgermeister Hans Eichinger wunderte sich angesichts der üppigen Gewerbesteuerzahlungen des Unternehmens in den vergangenen Jahren über die Schließung. Er sei "geplättet" gewesen. Denn: "Wer Gewerbesteuer zahlt, der wirtschaftet gut und dem bleibt auch was übrig." Die angebliche Krise des Werks bezeichnete er als künstlich konstruiert. Er sehe "hinter der ganzen Sache keine andere Logik als die Wachstumsphilosophie des Konzerns, die man als normaler Mensch nicht nachvollziehen kann". IGM-Gewerkschaftssekretär Rudi Gallenberger bezeichnete den Konzern als "großes, gieriges Reptil, das den Rachen einfach nicht voll kriegt." Als eine "Verarschung der Beschäftigten" empfand er die Workshops zur Zukunftsfähigkeit von Cardo Door, die der Konzern durchführte, obwohl die Schließung des Werks bereits beschlossene Sache war.

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