Landkreis-Beobachtungen:Polizisten, die bitte und danke sagen

Landkreis-Beobachtungen: Mit der deutschen Polizei hat Aladdin Almasri gute Erfahrungen gemacht.

Mit der deutschen Polizei hat Aladdin Almasri gute Erfahrungen gemacht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Anders als in Syrien ist Aladdin Almasri hierzulande bei Ausweiskontrollen bisher immer höflich behandelt worden.

Von Aladdin Almasri, Neufahrn

Vor Kurzem habe ich eine schöne junge Polizistin gesehen, als ich auf den Zug wartete, um nach Hallbergmoos zu fahren. Sie trug eine blaue Uniform, hörte Musik über ihr Smartphone und bewegte sich leicht zur Musik. Die Szene erregte meine Aufmerksamkeit weniger, weil sie schön ist, vielmehr, weil sie für die Polizei arbeitet. Denn in diesem Moment kamen sehr aufwühlende Erinnerungen über die Polizei in meinem Heimatland Syrien hoch.

Die syrische Polizei nämlich behandelt Menschen oft, als wäre sie die Mafia. Sie ist Teil des Militärs, daher tragen Polizisten auch Militärausweise als Identitätsnachweis. Es gibt vier geheime Polizeiabteilungen und jede hat noch einmal Dutzende Unterabteilungen, um jede Bewegung der Menschen zu überwachen, es gibt sogar Berichte darüber, dass Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes unter den Flüchtlingen in Deutschland sind.

Obwohl die reguläre Polizei höflich sein soll, haben viele Menschen Angst vor ihr. Einer meiner Freunde bekommt Panik, wenn er nur einen Polizisten sieht, weil er im Studium einmal fälschlicherweise verhaftet und später sogar gefoltert wurde. Außerdem ist Bestechung unter Polizisten verbreitet und das, obwohl Syrien kein armes Land war.

Der Mann war es einfach gewöhnt zu nehmen. Er war einfach schäbig

Als ich einmal vom Flughafen Damaskus fliegen wollte, durchsuchte ein Polizist mein Gepäck und fragte mich eindringlich: "Was schenkst du mir?" Ich sagte, ich hätte nichts, was als Geschenk taugt und trotzdem nahm er meinen Stift und sagte: "Ich behalte ihn als Geschenk." Der Stift hatte für mich keinen besonderen Wert, aber der Mann war es einfach gewöhnt zu nehmen und er war einfach schäbig.

In Deutschland sind die Polizisten höflich. Sie machen ihre Arbeit, wie jeder andere Angestellte auch. Als ich einmal am Flughafen München der Bundespolizei meinen Ausweis zeigen musste, sagte der Polizist bitte und danke. Außerdem ging die Kontrolle schnell. In Syrien dauert so etwas ewig. Verglichen mit Syrien sind die Polizisten hier Engel. Auch weil Polizisten dort manchmal gewalttätig mit den Menschen umgehen, arbeiten dort kaum Frauen als Polizistinnen.

Polizisten gehen mit weißen Hemden zur Arbeit und kommen mit schwarzen wieder heim

Zu den Uniformen fiel mir auch etwas ein, als ich die junge Frau dort stehen sah. Die Polizisten in Syrien tragen beige Uniformen. Mal abgesehen davon, dass ich diese beigen Uniformen hasse - was ist das denn schon für eine Farbe - hat Präsident Baschar al-Assad vor einigen Jahren eine neue Farbe für die Uniformen eingeführt. Statt beige tragen die Polizisten blaue Hosen und weiße Hemden. Das ist nicht sonderlich praktisch, denn wenn Polizisten am Tag mit weißen Hemden arbeiten, kommen sie abends mit schwarzen Hemden heim - die Abgase in Syrien! Aber das war der Plan des Präsidenten - er wollte so den Staat modernisieren. Ja, er wollte das Land voranbringen, indem er die Farbe der Uniformen änderte. Es ist derselbe Präsident, der mit Unterstützung seiner internationalen Helfer und dem Schweigen Europas und Amerikas, Elend und Zerstörung über das Land gebracht hat.

Man muss sagen, dass hier ein wichtiger Unterschied zwischen Syrern und Deutschen klar wird: Es gibt Regierungen, die Menschen darin unterstützen, sich zu entwickeln, und es gibt brutale Regime, die Menschen bekämpfen und ersticken, wie es das syrische Regime in den vergangenen 50 Jahren getan hat, das Regime, von dem ich hoffe, dass es bald Geschichte ist, damit ich höfliche Polizisten sehe und vielleicht sogar Polizistinnen, die von ihrer Arbeit überzeugt sind und auf dem Weg zum Dienst fröhlich sind und Musik hören.

Aladdin Almasri, 34, floh 2013 aus Syrien in die Türkei. Zwei Jahre später kam er nach Bayern. Im Programm "Newscomer" schreibt er in loser Folge für die SZ Freising.

Übersetzung aus dem Englischen: clli

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