Porträt:Rechen-Genie ohne Höhenangst

Porträt: Seit sieben Jahren trainiert Elias Heinemann beim Deutschen Alpenverein München Oberland Klettern.

Seit sieben Jahren trainiert Elias Heinemann beim Deutschen Alpenverein München Oberland Klettern.

(Foto: privat)

Der 14-jährige Elias Heinemann löst schwierigste mathematische Aufgaben. Seine wirklich große Leidenschaft ist Klettern

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Elias Heinemann widerlegt das Vorurteil, Mathe-Genies seien weltfremd, blass und Bewegungsmuffel in jeder Hinsicht. Denn der sehnige 14-Jährige mit der frischen Bräune im Gesicht ist nicht nur gerade Dritter beim Bundesfinale der Matheolympiade geworden, sondern auch Vierter seiner Altersklasse bei der Kletter-Europameisterschaft in Edinburgh. Sehr wahrscheinlich hätte der Schüler des Oskar-Maria-Graf-Gymnasiums bei der Matheolympiade noch besser abgeschnitten, wenn er sich nicht am Tag davor bei der Klettermeisterschaft den Mittelfinger gebrochen hätte.

Der Terminplan war ohnehin recht eng vergangene Woche: Erst das Europafinale im schottischen Edinburgh, wo Elias nicht einmal die Preisverleihung abwarten konnte, weil er sofort nach dem Wettkampf in den Flieger steigen musste, um rechtzeitig wieder in Cottbus beim Bundesentscheid der Matheolympiade zu sein. Der erste Tag war dort noch kein Problem, "aber am zweiten Tag konnte ich fast nicht mehr schreiben", erzählt Elias Heinemann, kein bisschen aufgeregt, sondern sehr grundentspannt. Dann hat der Achtklässler gemerkt, dass der Mittelfinger seiner linken Schreibhand gebrochen ist und er dann nur fünf Seiten in der viereinhalbstündigen Matheklausur schreiben können. Für den dritten Platz hat es immer noch gereicht.

Gefragt nach einer der Aufgaben, die vielleicht auch weniger matheaffine Menschen verstehen können, antwortet er nach einigem Nachdenken: "Ein Quadrat wird durch neun Geraden geteilt, jeweils in zwei Rechtecke, im Flächenverhältnis zwei zu drei. Zeige, dass sich mindestens drei Geraden in einem Punkt schneiden." Alles klar?

Dass er nicht nur in Mathematik ein sehr guter Schüler ist, sein Notendurchschnitt lag beim Halbjahreszeugnis bei 1,09, das wissen seine Klassenkameraden natürlich. Von den Erfolgen im Klettern dagegen ist kaum etwas bekannt. "Elias ist keiner, der sich in den Vordergrund stellt. Ich glaube, das hat die Klasse eher durch Zufall erfahren mit der Europameisterschaft", sagt Schulleiter Franz Vogl. Das ändern nichts daran, dass die Kletterei Elias' wirklich große Leidenschaft ist.

Viermal die Woche fährt er nach München, wo er seit sieben Jahren beim Deutschen Alpenverein München Oberland trainiert. Die Wand bei der Europameisterschaft war 18 Meter hoch, was nicht viel aussagt, weil die Route auch quer verläuft und überhängt, weil, wie Elias erklärt, "man im Senkrechten ja nichts wirklich Schwieriges machen kann".

Trotz des gebrochenen Fingers, der nicht von einem Sturz herrührt, sondern wohl einfach durch Überlastung, hat er vor Unfällen keine Angst. "Man ist ja gesichert. Profi-Fußball ist tausendmal gefährlicher", antwortet er mit einem kleinen Lächeln. Jetzt fällt das Training allerdings erst einmal zwei Monate aus. Dafür wird er jetzt wieder öfter im Schulunterricht sein, auch zur Freude von Franz Vogl. Der findet nur schade, dass Elias nicht am Hochleister-Programm der eigenen Schule teilnimmt, "aber dafür hat er keine Zeit".

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