Neuer Zollinger Pfarrer kommt aus Indien:"Wir gehören alle zu einer Welt"

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Leitet künftig den Pfarrverband in Zolling: Pater Ignatius wird dann auch umziehen, bisher lebt er in Neustift. (Foto: Marco Einfeldt)

Prämonstratenser-Pater Ignatius will mit mehreren Mitbrüdern in das Pfarrhaus einziehen. Die Integration von Flüchtlingen ist dem 38-Jährigen ein großes Anliegen.

Von Katharina Aurich, Zolling

Idyllisch liegt das Zollinger Pfarrhaus neben Kirche und Friedhof, im Garten leuchten die Farben der Rosenbüsche. Wer diese Pracht in Zukunft pflegen wird, ist noch nicht entschieden. Fest steht nur: Im September wird sich im Pfarrhaus einiges ändern, denn dann ziehen der Prämonstratenser-Pater Ignatius und ein Mitbruder dort ein. Sie würden jedoch gerne mit mehreren Brüdern als kleine Gemeinschaft und nicht nur zu zweit zusammen leben. So sind ihre Ordensregeln und so wurde es ihnen auch zugesagt, als die beiden nach Deutschland kamen. Die Räume im Pfarrhaus sind groß und repräsentativ, wie sich das für einen Pfarrer in Bayern gehört. Bisher lebten die Geistlichen nur mit ihren Haushälterinnen in dem denkmalgeschützten Haus. Pater Ignatius überlegt nun, die Räume zu unterteilen, sodass mehr Brüder dort gemeinsam leben können.

Aber nicht nur im Pfarrhaus wird sich sicher einiges ändern. Der 38-jährige Pater Ignatius studierte Geschichte, Philosophie sowie fünf Jahre lang Theologie, bevor er zum Diakon geweiht wurde. Daran schloss er ein Politikwissenschaftsstudium an und erhielt schließlich 2006 die Priesterweihe. Als eine große Aufgabe sieht er die Integration von Flüchtlingen an, sie müssten unbedingt beschützt werden, denn "wir gehören alle zu einer Welt". Mit der SZ sprach Pater Ignatius über den Glauben, seine Heimat Indien und über seine Einstellung zu Flüchtlingen.

SZ: Was bedeutet "Glauben" für Sie?

Pater Ignatius: Der Glaube ist für mich nicht nur ein Buch, in dem theoretische Dinge stehen. Sondern er bedeutet, unsere Mitmenschen zu lieben, ihnen zu helfen und vor allem auch, miteinander zu lernen. Wenn Flüchtlinge zu uns kommen, dann hat das höchste Priorität. Diese Menschen sind oftmals traumatisiert. Zu meinem Glauben gehört, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, zu reden und sie zu integrieren. Für die Prämonstratenser sind Kontemplation, Gemeinschaft und Aktion, auf Menschen zugehen, die wichtigsten Inhalte. Ich habe viele Kontakte zu Flüchtlingen, kürzlich taufte ich in Nandlstadt drei afrikanische Babys, die ganze Kirchengemeinde hat gefeiert.

Sie kommen aus Indien, einem Land mit viel Armut. Bei uns leben die Menschen im Wohlstand, ist das nicht ein krasser Wechsel?

Es gibt unterschiedliche Armut, in Indien ist sie materiell, es fehlt an Essen, an Häusern, die Menschen besitzen nichts - aber sie kennen alle Menschen, die im Umkreis von 20 Kilometern leben. Hier in Deutschland ist es umgekehrt, die Menschen besitzen viel, aber sie kennen ihre Nachbarn nicht.

Die Gemeinschaft ist neben dem Glauben der wichtigste Inhalt Ihres Ordens, ist das zeitgemäß?

In einer Gemeinschaft zu leben, sei es in einer Glaubensgemeinschaft oder beispielsweise in einer Familie, ist nicht einfach. Wir Prämonstratenser wollen ein Beispiel geben und Vorbild sein für alle Formen von Gemeinschaft.

Wie fühlten Sie sich, als Sie nach Deutschland kamen?

Ich hatte keine Ahnung von Deutschland, als ich her kam und ich kämpfte mit dem kalten Wetter und dem Essen. Bei uns in Indien gibt es dreimal täglich Reis mit Gemüse, Linsen oder Currys. Aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt und das bayerische Essen gefällt mir gut. Außerdem ist hier immer alles gut geplant und organisiert, das ist in Indien anders. Am Anfang waren die Menschen eher verschlossen, vermutlich weil ich schwarz bin, aber dann haben sie mich kennengelernt und jetzt sind wir wie eine Familie. Ich habe ein Jahr gebraucht, um Deutsch zu lernen, der bayerische Dialekt ist eine besondere Herausforderung.

Besuchen Sie manchmal Ihre Heimat?

Ich habe 30 Tage im Jahr Urlaub und dann fliege ich nach Indien und besuche meine Mutter und meine 17 Neffen und Nichten.

Was wünschen Sie sich für Ihre neuen Aufgaben und für die Zukunft?

Wir sind in Neustift erst eine kleine Gemeinschaft, ich hoffe, dass wir hier in Zolling bald noch ein paar mehr Brüder werden, denn wir möchten unsere Charismen und unsere Spiritualität pflegen. Das bedeutet, nicht nur gemeinsam zu essen und zu beten, sondern auch zusammen zu leben. Ein Priester kann nicht alleine arbeiten. Ich wünsche mir auch eine Zusammenarbeit von Staat und Kirche, insbesondere, was die Aufnahme der Flüchtlinge betrifft. Das Vertrauen zueinander muss wachsen. Wir brauchen dafür auch die Mitglieder der Vereine, die sich öffnen. Die Kirche kann viel bewirken, aber das geht nur gemeinsam. Man kann nicht in ein paar Tagen die Gesellschaft ändern, das geht nur Schritt für Schritt und braucht Zeit.

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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