Neuer Laden dringend gesucht:Ein großes Unglück

"Inkafrucht" an der Unteren Hauptstraße 42 steht nach dem Großbrand von 2014 vor dem Aus. Wegen der Sanierung des Gebäudes muss Betreiberfamilie Katt nach 32 Jahren ausziehen.

Von Eva Zimmerhof, Freising

Der Schriftzug "Inkafrucht" im Fenster, durch das Kisten voll Obst und Gemüse leuchten, hat einen Retrolook, der zu den meisten Münchner Hipster-Cafés passen würde. Doch er ist ein Original und gehört seit Jahrzehnten unverkennbar zu Freisings Ladenzeile an der Unteren Hauptstraße. Bald wird er verschwinden. "Weil uns nach 32 Jahren . . . gekündigt wurde", steht auf einem Blatt Papier, das seit dem Jahreswechsel im Schaufester hängt.

Den Großbrand im Sommer 2014, der die Häuser 40,42 und 44 stark beschädigte, hat weiterhin Folgen. "Ein großes Unglück für die Familie" nennt das der Obst- und Gemüsehändler Ulrich Katt, der wegen der anstehenden Sanierungsarbeiten ausziehen muss. Das Geschäft in Nummer 42 schien bis zum Brand fest in Familienhand zu sein. Sohn Robert Katt war längst als Juniorchef etabliert und wollte den Laden gemeinsam mit seiner Frau fortführen. Noch hofft die Familie.

Auch den Hausbesitzer und Vermieter, Franz Fuchs, traf der Brand schwer. Für ihn führte kein Weg daran vorbei, der Familie Katt im Herbst zu kündigen. Zumindest in den oberen Stockwerken ist das historische Gebäude eine Brandruine und muss saniert werden: Eine zu große Belastung für den Eigentümer, die ihn bewog, das Haus zu verkaufen. Dabei war ihm "das Herz schwer". Bei der nötigen Komplettsanierung steckt der Denkmalschutz in jeder Ecke und in jedem Winkel des Gebäudes von 1880, das dazu einen noch älteren Kern hat. Das bedeutet in diesem Fall konkrete Vorgaben für die Boden- und Fensterneugestaltung. Selbst den Putz wird der Bauherr an den Stellen erhalten müssen, wo es möglich ist.

Neuer Laden dringend gesucht: Seit Jahrzehnten kann man in der "Inkafrucht" an der Unteren Hauptstraße Obst und Gemüse kaufen.

Seit Jahrzehnten kann man in der "Inkafrucht" an der Unteren Hauptstraße Obst und Gemüse kaufen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Mehr Glück hatte der Besitzer von Nummer 40, Stefan Schwingshandl. Das Haus war zwar vom Brand stark betroffen, doch sind die Sanierungsarbeiten an dem Gebäude, das nicht unter Denkmalschutz steht, weitestgehend abgeschlossen. Die ersten Mieter sind längst eingezogen. Fuchs Haus hingegen wechselte zum Jahresanfang den Besitzer. "Es war mehr eine Vernunfts- und Kopfentscheidung", sagt er. Das Haus habe schon seinem Großvater gehört und war seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Familienbesitz. "Aber mit dem Denkmalschutz wollte ich mich nicht auseinandersetzen. Das kann Herr Fiedler besser als ich", sagt der ehemalige Eigentümer über den aktuellen. Käufer Reinhard Fiedler hat sich viel vorgenommen: In Eineinhalb Jahren soll das Haus an in neuem, altem Glanz erstrahlen, der Architekt und Stadtrat traut sich das zu.

"Das Haus ist mir einfach ans Herz gewachsen", sagt Fiedler. Deshalb hat er es gekauft. Bis August können die Katts noch bleiben, dann geht es mit den Baumaßnahmen los. Auf die Frage, ob er die ebenfalls denkmalgeschützte Nummer 44 kaufen würde, falls die Besitzer, die sich noch unschlüssig sind, sie loswerden wollten, sagt Fiedler: "Das war jetzt schon eine große Investition." Wie groß, verrät er nicht. Doch rechnet er mit Sanierungskosten von "geschätzten 800 000 Euro". Sorgen wegen des Denkmalschutzes macht er sich keine, "denn ich will das Haus ganz im Sinne des Denkmalschutzes sanieren".

Neuer Laden dringend gesucht: Eigentümer Reinhard Fiedler will das schwer beschädigte und denkmalgeschützte Haus sanieren. Währenddessen muss der Laden geräumt werden.

Eigentümer Reinhard Fiedler will das schwer beschädigte und denkmalgeschützte Haus sanieren. Währenddessen muss der Laden geräumt werden.

(Foto: Marco Einfeldt)

Deshalb und weil historische Gebäude generell seine Leidenschaft sind, recherchiert er die Geschichte des Hauses im Stadtarchiv. Im ersten und zweiten Stockwerk plant er je eine Wohnung, den Dachstuhl will er zum Appartement ausbauen. Der Laden im Erdgeschoss soll erhalten bleiben. "Von mir aus können die Katts gerne wieder rein", sagt Reinhard Fiedler. Die Miete werde freilich nicht die gleiche bleiben.

Keine Option für Ulrich Katt, der jetzt etwas anderes sucht. "Herr Fuchs hat noch versucht, Container als Übergangslösung zu organisieren. Er hat bei der Stadt nachgefragt." Doch dabei hätte der notwendige Platz für ihr Kühlsystem gefehlt. Zudem sei es wichtig, dass sie in einer zentralen Lage blieben, sagt der Händler. "Wir leben vor allem von der Laufkundschaft." Gerade auf die Aufmerksamkeit von Passanten mit Vitamin B hofft die Familie derzeit. "Wir suchen dringend einen Laden mit 60 bis 70 Quadratmetern", sagt Robert Katt. Ihr Gesuch hängt darum im Fenster, gleich über der Werbung für lange gereiften Parmesan und Sauerkraut vom Fass.

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