Naturidyll:Echinger Lohe - geheimnisvoll und urwaldähnlich

1951 wurde die Echinger Lohe unter Naturschutz gestellt. Heute ist das Gebiet, zusammen mit der Garchinger Heide, Rückzugsort für seltene Tier- und Pflanzenarten.

Günther Knoll

In der ersten Nacht war an Schlaf überhaupt nicht zu denken: Mit Einbruch der Dämmerung flogen Fledermäuse aus, junge Eulen ließen ihre Bettelrufe ertönen und vom nahegelegenen Weiher waren die Glöckchen der Aal-Angler zu hören. Das ist nun gut 40 Jahre her, von geschützten Landschaftstypen und bedrohten Tier- und Pflanzenarten wussten wir damals nichts. Doch die Natur am Rand der Echinger Lohe, wohin wir mit dem Rad ins Zeltlager gefahren waren, war für uns Buben damals auch so faszinierend.

Mopsfledermaeuse verdanken ihren Jagderfolg besonders leisen Ultraschallrufen

Wenn die Abenddämmerung in der Echinger Lohe hereinbricht, tauchen lautlos flatternd Schatten entlang des Waldrands auf: große Nachtfalter, Eulen und Fledermäuse.

(Foto: ddp)

Die Echinger Lohe war ursprünglich königlicher Wald, dieser Tatsache hat sie wohl ihr Überleben zu verdanken. Heute ist die Lohe ein besonders artenreicher Mischwald aus Eichen, Hainbuchen, Ulmen, Eschen und Ahorn. Am Waldrand wachsen wunderschöne Schlehenhecken. Dieses Refugium besonderer Art wurde bereits 1951 unter Naturschutz gestellt, 1982 wurde es zum Naturwaldreservat und 1984 zum Bannwald erklärt, jegliche Forstnutzung ist untersagt.

Einst muss das Gfild, wie die Gegend im Münchner Norden früher bezeichnet wurde, dicht von Wald bedeckt gewesen sein. Auf einer Flurkarte aus dem Jahr 1809 ist noch ein durchgehender Lohwaldgürtel zwischen Lohhof und Eching zu erkennen. Auf knapp 24 Hektar findet sich heute der Überrest einer Waldform, die bis ins 19. Jahrhundert in Bayern weit verbreitet war: der sogenannte Hudewald, in den Rinder und Schweine getrieben wurden, um sich Nahrung zu suchen. Als diese traditionelle Beweidung aufgegeben wurde, bildete sich unter den alten Eichen ein eigenes "Stockwerk " aus kleinen Bäumen und Büschen.

Heute ist die Lohe ein besonders artenreicher Mischwald aus Eichen, Hainbuchen, Ulmen, Eschen und Ahorn. Am Waldrand wachsen wunderschöne Schlehenhecken. Den Boden bedeckt eine üppige Strauch- und Krautschicht, die zusammen mit der benachbarten Garchinger Heide einen Rückzugsort für seltene Tier- und Pflanzenarten bildet. Der Name Lohe deutet aber auch noch auf eine andere Nutzung hin: Aus der Rinde der jungen Eichen wurde früher die Gerberlohe gewonnen, die das Leder haltbar machte.

Blüten - die Leibspeise der Rehe

Botaniker, Insektenkenner, Vogelbeobachter: sie alle werden in der Echinger Lohe auf der Suche nach Raritäten fündig. Deshalb ist die Waldinsel meist zusammen mit der im Süden angrenzenden Garchinger Heide auch ein bevorzugtes Exkursionsgebiet: Vom Seidelbast im zeitigen Frühjahr über Buschwindröschen, Lerchensporn und später dann Maiglöcken und Salomonsiegel bis zur Herbstzeitlosen reicht der Pflanzenreigen, zu dessen Attraktionen die Türkenbundlilie im Hochsommer gehört.

Allerdings sind ihre Blüten offenbar Lieblingsspeise der Rehe, oft werden sie sofort abgebissen. Im Herbst hängen die Sträucher dann voller Beeren, willkommene Nahrung für Kleinvögel auf ihrem Zug. Das Totholz bietet nicht nur vielen Vögeln, sondern auch Insekten Unterschlupf und Wohnung.

Dabei wirkt die Echinger Lohe auf den ersten Blick eher unscheinbar: ein nicht besonders großes Waldstück inmitten von Äckern und Feldern unweit der Autobahn München - Nürnberg und des tristen Industriegebiets zwischen Eching und Neufahrn. Wer den Wald aber betritt, der taucht ein in eine ganz andere Welt, geheimnisvoll und urwaldähnlich: der galerieartige Aufbau, das Spiel von Licht und Schatten, wenn die Sonnenstrahlen durch das Laubdach dringen, Altholz, das hier vermodern darf - und Geräusche, deren Urheber nicht so leicht auszumachen sind.

Und wenn schließlich die Abenddämmerung hereinbricht, wird es noch spannender, man wähnt sich in der Echinger Lohe schnell fernab jeder Zivilisation. Mit dem Schwinden des letzten Tageslichts tauchen lautlos flatternd Schatten entlang des Waldrands auf: große Nachtfalter, Fledermäuse und auch Eulen, denn Waldkauz wie Waldohreule sind als Brutvögel der Echinger Lohe längst nachgewiesen. Ein Ausflug in den Dschungel - gelegen zwischen der Autobahn, Ikea und dem Klärwerk Dietersheim.

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