Ein Hopfenort wird Gospelstadt:Einfach beseelt

soul

Die türkisfarbenen Schals über dem schwarzen Gewand sind zum Markenzeichen für den Nandlstädter Chor "Souls of Mosaic" geworden.

(Foto: privat)

Der Gospelchor "Soul Of Mosaic" aus Nandlstadt überwältigt seine Mitglieder geradezu. Selbst bei den Proben kommen die Sänger aus der Puste und sie dürfen vor allem eins nicht sein - hüftsteif.

Von Christoph Dorner, Nandlstadt

Die Sänger von "Soul Of Mosaic" haben einen Aktenordner, in dem steht alles drin. Wer ihn durchblättert, ohne zu hören und ohne zu sehen, hat trotzdem keine Ahnung. Auf einem Zettel in dem Ordner steht der Liedtext von "Ständchen" von der populären Kölner A Capella-Gruppe Wise Guys, die mit ihren "rockigen" Nummern durchaus stilbildend für den Chor sein könnten. Für sein Selbstverständnis ist aber viel wichtiger, was auf die Rückseite des Blatts in Großbuchstaben gekritzelt ist: "Wir sind kein Kirchenchor" - Ausrufezeichen.

Chorleiterin Silke Meiler-Krebs hat den Zettel in den Anfangstagen immer dann kurz hochgehalten, wenn die Frauen und Männer bei den Proben ihrer Meinung nach zu hüftsteif gewesen sind, erzählt Helga Gruber, eine der Sängerinnen, und fügt schnell hinzu, dass das nun keinesfalls als Herabwürdigung des Nandlstadter Kirchenchors zu verstehen sei.

Mittlerweile ist der Zettel ohnehin abgeheftet, er wird nicht mehr gebraucht. "Bei unseren Konzerten fetzt es jetzt richtig ab", sagt Gruber. "Manchmal muss ich die Gruppe vor lauter Begeisterung stoppen", sagt Silke Meiler-Krebs, es klingt fast entschuldigend.

Eine Chorprobe in der heimlichen Gospel-Stadt Nandlstadt, die erst am vergangenen Samstag die Premiere von "Sister Act" erlebt hat. Etwa 30 Frauen im mittleren Lebensalter und ganz genau fünf Männer - vom Knabe bis zum Senior - haben sich an einem Donnerstagabend im April im Pfarrsaal von Sankt Martin versammelt, um für die zwei Chor-Konzerte im Mai zu proben.

Links vor Silke Meiler-Krebs am Klavier stehen die Frauen, rechts die Männer. Eine Frau sitzt, sie muss ein Bein hochlegen - soweit, so friedlich. Soul Of Mosaic singen gerade in verschiedenen Nuancen an "Over My Head" herum, einem afroamerikanischen Spiritual, das davon handelt, dass es angesichts der Pracht und der Probleme auf der Welt doch einen Gott geben müsse, als plötzlich Bewegung in den Chor kommt.

Erst heben die Stimmen an, dann gehen die Hände in die Luft, erst zögerlich, dann immer frenetischer, und auf einmal zerstreut sich der Chor und tänzelt euphorisiert durch den Gemeindesaal. Einer der Männer ist sogar die Empore hinaufgeklettert, um von dort aus den Herrn zu preisen. Als der letzte Ton des Stücks verklungen ist, kehren alle Chormitglieder etwas aus der Puste und sichtlich beseelt an ihren Platz zurück. Die Geschichte von Soul Of Mosaic beginnt im Jahr 2010 mit fünf Müttern, die mit ihren Kindern Musikstunden bei Silke Meiler-Krebs nehmen, die hauptberuflich Musiklehrerin an der Grund- und Mittelschule in Zolling ist.

Die Frauen merken bald: Sie wollen selbst singen. Also initiiert Meiler-Krebs, die in den USA studiert und dabei auch schwarze Gottesdienste erlebt hat, die Gründung eines Gospelchors. Sie will Stücke singen, die "schnell ins Ohr gehen". Der Chor wächst rasch und feiert im März 2012 sein Konzertdebüt in der evangelischen Kirche in Au.

Dabei tragen die Chormitglieder bereits türkise Schals über den schwarzen Roben, was zum Markenzeichen von Soul Of Mosaic wird. Noch prägender wird, dass man sich als Mitmach-Chor definiert, der die Grenze zwischen Chor und Publikum bewusst auflösen will. Wahrscheinlich sind die Konzerte von Soul Of Mosaic deshalb auch so gut besucht.

Ein Chor ist "kein Ponyhof"

Trotz der Betonung des Gemeinschaftserlebnisses habe sich die Qualität des Chores stetig gesteigert, sagt Silke Meiler-Krebs, die während der Chorprobe eine präzise, aber vor allem motivierende Chorleiterin ist. Sie fordert "mehr Bläser", dann wird der Chor euphorischer, oder mehr Streicher", dann singt er getragener. Man sei offen für Neuzugänge, sagt Helga Gruber, ein Engagement im Chor sei aber "kein Ponyhof". Im September 2014 hat der Chor an drei Tagen mit professionellem Aufwand sogar ein Album aufgenommen: "Open The Eyes".

Sein nächstes Konzert gibt Soul Of Mosaic am 16. Mai in der Pfarrkirche Sankt Kastulus in Moosburg. Tags darauf tritt man in der Pfarrkirche Sankt Martin in Nandlstadt auf. Dabei werden Soul Of Mosaic nicht nur neue Lieder singen. Sie werden an beiden Abenden neben ihrer angestammten Band "Irgendwie und Sowieso" auch von David Bruce Whitley unterstützt. Der Musical-Profi aus Mannheim wird als Solist drei Stücke mit dem Chor singen. Meiler-Krebs hatte Whitley während ihrer Zeit in den USA kennengelernt.

Noch mehr abgeheftete Erinnerungen für den Aktenordner des Chores wird es nach den beiden Abenden in jedem Fall geben. Wer hören will, muss sehen.

Karten für die Konzerte am 16. und 17. Mai gibt es im Schuhhaus Gebhard, bei Getränke Strixner in Nandlstadt, in Sonnenapotheke in Au und im Steincenter Freising, bei Schreibwaren Bengl in Moosburg und bei Bücher Pustet in Freising.

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