Nach dem Treffen mit Horst Seehofer:Startbahngegner schöpfen Hoffnung

Nach dem Treffen mit Horst Seehofer: Entscheidung in Sicht: Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich in Gesprächsrunden über das Für und Wider einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen informiert. Die Ausbaugegner sind mit dem Verlauf dieses Dialogs zufrieden.

Entscheidung in Sicht: Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich in Gesprächsrunden über das Für und Wider einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen informiert. Die Ausbaugegner sind mit dem Verlauf dieses Dialogs zufrieden.

(Foto: Marco Einfeldt)

Freisinger Politiker beschreiben Gespräche mit dem Ministerpräsidenten über den Flughafenausbau unisono als "ergebnisoffen". Ob sie ihn mit ihren Argumenten überzeugt haben, wissen sie nicht.

Von Kerstin Vogel,Peter Becker und Gudrun Regelein, Freising

Als Horst Seehofer im August dieses Jahres ankündigte, nach den Sommerferien einen "ergebnisoffenen" Dialog um den Ausbau des Münchner Flughafens beginnen zu wollen, da äußerten viele Startbahngegner in der betroffenen Region offen Zweifel an den lauteren Absichten des Ministerpräsidenten.

Seit Beginn der Gesprächsrunde aber ist die Skepsis einer gewissen Hoffnung gewichen; der Hoffnung, dass sich Seehofer möglicherweise doch überzeugen lässt und das Ausbauprojekt wenn schon nicht beerdigt, dann doch für einige Jahre in der Schublade verschwinden lässt. Unisono berichteten die aus der Staatskanzlei zurückkehrenden Gesprächsteilnehmer von einer offenen Atmosphäre und dem Eindruck, dass sich der Regierungschef tatsächlich mit ihren Argumenten auseinandersetzen wird.

"Ich habe ein gutes Gefühl"

Er sei "beeindruckt von dem Gespräch und habe ein gutes Gefühl", resümierte Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher. Er war am Donnerstagvormittag mit dem Freisinger Landrat Josef Hauner zu Seehofer gefahren - gut ausgerüstet mit Karten- und Zahlenmaterial und fest entschlossen, den Freisinger Standpunkt zu verdeutlichen.

Wie der aussieht, hatte er am Vorabend bei der Bürgerversammlung in Attaching noch einmal formuliert. "In unserer Vorstellung gibt es die Startbahn nicht und auch keinen Kompromiss. Es gibt keine Alternative zur Beerdigung des Projekts", sagte er kämpferisch und versprach, dem Ministerpräsidenten am nächsten Tag darzulegen, was für eine Katastrophe der Flughafenausbau für Attaching bedeuten würde - aber eben auch für die übrige Stadt Freising.

Nach dem Treffen mit Horst Seehofer: efm. Flughafen München / Tower / links wäre Platz für Text

efm. Flughafen München / Tower / links wäre Platz für Text

(Foto: Marco Einfeldt)

Ob er Seehofer überzeugt habe, könne er nicht einschätzen, sagte Eschenbacher tags darauf nach dem Gespräch, "es ist schwer zu sagen, wie er sich entscheiden wird". Auf jeden Fall aber werde der Ministerpräsident sehr genau abwägen, so Eschenbachers Eindruck: "Wir haben intensiv und objektiv diskutiert, ihm die gesamten Schwierigkeiten - von Verkehr bis Siedlungsdruck - aufgezeigt und er hat sehr differenziert nachgefragt."

"Kritische Fragen"

"Ich habe das Gefühl, dass es ein gutes Gespräch war", schilderte Landrat Josef Hauner (CSU) seinen Eindruck von dem zweistündigen Treffen mit Horst Seehofer. Er habe erkannt, dass dieser die Standpunkte der Freisinger gut kenne. Seehofer verfüge über eine große Detailkenntnis. Er sei davon überzeugt, dass er bei den Dialoggesprächen mit der Flughafen München GmbH und der Lufthansa kritisch nachgefragt habe, was deren Zahlen zum Bedarf einer dritten Startbahn angehe. Auch die beiden Freisinger Delegierten mussten sich kritische Fragen gefallen lassen. Den Ausgang des Gesprächs bezeichnete auch Hauner als "ergebnisoffen".

Der Landrat kündigte an, dass Seehofer im Oktober oder November einen Vorschlag unterbreiten werde. Im ersten Halbjahr 2016 wolle er die Angelegenheit wohl zu Ende bringen. Hauner sagte, Eschenbacher und er hätten Seehofer noch einmal an die negativen Folgen des Baus einer dritten Startbahn hingewiesen: die weitere Zunahme des Verkehrs und eine zusätzliche Überhitzung des Wohnungsmarkts. Hauner nahm auch Bezug auf den Bürgerentscheid in München, an dessen Ergebnis wohl nicht so schnell zu rütteln sein wird. "Ein Moratorium", sagte Hauner zum Bau der dritten Startbahn, "war nicht im Gespräch. Dies ist vielleicht Bestandteil des Vorschlags".

"Überrascht über einige Fakten"

Als "sehr konstruktiv" bezeichnete Benno Zierer, der Freisinger Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, das Gespräch, das der Ministerpräsident am Nachmittag mit seiner Fraktion geführt hat. "Seehofer war durchaus überrascht über einige Fakten, die sich ihm bislang wohl anders dargestellt haben", so Zierers Eindruck. Ausdrücklich habe der Ministerpräsident gelobt, dass alle bisherigen Gespräche mit den Startbahngegnern und den betroffenen Kommunalpolitikern bei aller Emotionalität sachlich geblieben seien.

Misstöne

Während der Ministerpräsident den Startbahngegnern den Eindruck vermittelt, tatsächlich "ergebnisoffen" mit ihnen zu diskutieren, nutzt Flughafen-Chef Michael Kerkloh jede Gelegenheit, Werbung für den Ausbau zu machen. Bei der Eröffnung der "Berufsfit" sprach er das Thema vor Politikern, Lehrern und Firmenvertretern, anders als in den Vorjahren, offensiv an. Als "unpassend" empfand das nicht nur Freisings Bürgermeisterin Eva Bönig. Auch andere mussten erst einmal schlucken. Bönig betont, dass die Messe "eine sehr gute Sache" sei. Startbahn-Publicity aber gehört für sie dort nicht hin. Zumal nicht der Flughafen selbst, sondern der Arbeitskreis "Schule-Wirtschaft" der Veranstalter ist. Dem gehören auch die Stadt und der Landkreis Freising an, die sich bekanntlich deutlich gegen die Startbahnpläne positioniert haben. Vorsitzende Theresia Fleidl, Leiterin der FMG-Konzernausbildung, kann diese Kritik nicht nachvollziehen: Der Arbeitskreis habe Kerkloh "als Schirmherrn und gastgebenden Flughafenchef" um ein Grußwort gebeten. Dass er in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des Projekts hinweise, "halte ich für selbstverständlich", weil der Ausbau "erheblichen Einfluss auf künftige Beschäftigungschancen" nehme, gerade auch für junge Leute in der Region. psc

"Zwischen den Zeilen habe ich absolutes Verständnis für unsere Anliegen herausgelesen", so Zierer. Seehofer habe versprochen, alles noch einmal ergebnisoffen zu diskutieren und auch die FMG und die Wirtschaft müssten dem Ministerpräsidenten nun Fakten liefern. Auf ein Moratorium wolle der Regierungschef nach seinen Eindrücken allerdings nicht hinaus, so Zierer: "Der will das entscheiden."

"Guter Hoffnung"

Das letzte in der Reihe der Startbahngespräche haben am Donnerstag die Landtags-Grünen mit Seehofer geführt - und auch deren Freisinger Abgeordneter Christian Magerl ist spätestens seitdem "guter Hoffnung", wie er anschließend sagte. Auch er lobte die offene Atmosphäre, erklärte aber auch, dass in einigen Punkten "Vertraulichkeit vereinbart" worden sei.

Man habe den Sachstand gut rüberbringen können und dem Ministerpräsidenten dargelegt, dass es seit 2008 - mit einer Ausnahme - einen kontinuierlichen Rückgang im Erdinger Moos gegeben habe. Außerdem habe man darauf hingeweisen, dass es am Münchner Flughafen noch "jede Menge Kapazitätsreserven" gebe. Seiner Ansicht nach sei der Regierungschef "noch nicht pro Startbahn festgelegt", sagte Magerl: "Nun müssen wir bei Seehofers angekündigtem Besuch in Attaching alles daransetzen, ihn zu überzeugen, dass er jetzt Nein sagt."

"Vergessen"

"Auf gut Deutsch: Wir fühlen uns vergessen", sagte Marzlings Bürgermeister Dieter Werner am Donnerstag. Er meinte damit die Nicht-Einladung der Anrainer-Gemeindechefs zu dem Treffen Seehofers mit Eschenbacher, Landrat Hauner sowie dem Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz und Landrat Martin Bayerstorfer. Vielleicht seien die Anliegerkommunen - neben Marzling Eitting, Oberding und Hallbergmoos - zu klein oder man wolle deren Sorgen und Befürchtungen erst gar nicht hören.

Gemeinsam mit seinem Eittinger Kollegen will Werner ein Schreiben an Seehofer verfassen, um diesem mitzuteilen, dass sie es nicht in Ordnung fänden, ausgegrenzt zu werden. Eschenbacher habe ihn informiert, dass er in nächster Zeit ein weiteres Gespräch mit Seehofer führen wolle, in dem es speziell um die Probleme Freisings gehe. Zu diesem Termin, so habe ihm Eschenbacher zugesichert, seien die Bürgermeister der Anliegerkommunen geladen.

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