Gespräch mit Karl Muskini:"In Freising leben sehr angenehme Leute"

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Musiker blickt auf eine "verbogene" Karriere mit Umwegen zurück, für die er heute dankbar ist. Für die Stadt wünscht er sich mehr Offenheit für Kultur.

Interview von Angie Fuchs, Freising

Seine "verbogene Musikkarriere" machte ihn zu einem Künstler, der über den Tellerrand schaut: Er lässt sich von Ballett inspirieren, schaut beim Zentral-Landwirtschaftsfest vorbei und ruft bei seinen Konzerten zu bewussterem Konsum auf. Ein SZ-Gespräch mit Karl Muskini.

SZ: Herr Muskini, kam für Sie je ein anderer Beruf als Musiker in Frage?

Karl Muskini: Ich habe sieben Jahre sehr intensiv in der Landwirtschaft gearbeitet: von 13 bis 20. Auf verschiedenen Höfen, unter anderem in Poing, wo ich aufgewachsen bin, habe ich viel geholfen. Es hat mich einfach interessiert. Und ich habe zwei Jahre hier in Weihenstephan Landwirtschaft studiert - war aber nicht soviel in den Vorlesungen, sondern habe immer Posaune geübt.

Landwirtschaft war nicht das Richtige? Ich komme aus einem Arzthaushalt und meine Eltern haben meine beiden älteren Brüder und mich zwar gelobt, wenn wir am Klavier geübt haben. Aber sie haben uns klar gemacht, dass wir erst "was G'scheits" lernen sollten, bevor ein Musikstudium in Frage kommt. Also wollte ich Landwirtschaft studieren - ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich von Anfang an Musik studieren könnte. Ich habe erst mit 20 angefangen, Posaune zu spielen.

Und zum Landwirtschafts-Studium kamen Sie dann nach Freising . . .

Mit 14 bin ich frühmorgens von Poing nach Freising geradelt, habe beim Karlwirt ein Spezi getrunken und mich an der TU in Weihenstephan erkundigt, ob es für Landwirtschaft einen Numerus clausus gibt. Damals habe ich beschlossen, dass ich hier studieren will. Aber das Studium war sehr theoretisch. Als ich meinen Eltern dann gestanden habe, dass ich doch lieber Musik studieren möchte, war das plötzlich gar kein Problem mehr. Hätten Sie mir das mal früher gesagt (lacht). An der Hochschule war ich am Anfang eher hintendran - verglichen mit den Leuten, die früher angefangen haben. Damals hat mich das gewurmt, aber heute bin ich froh, dass ich diesen Umweg gemacht habe.

Warum?

Man bekommt ganz andere Einblicke, lernt einen anderen Teil der Gesellschaft kennen. Wenn man von klein auf nur Musik und die Welt im Konservatorium kennt, dann fehlt einem was. Ich finde es wichtig, dass Jugendliche viel Zeit haben, was auszuprobieren, ihre Neugierde auszuleben.

Spielt Landwirtschaft heute noch eine Rolle in ihrem Leben?

Den Blick für Natur, Tierarten und Pflanzen habe ich noch. Manchmal gehe ich auch auf das Zentral-Landwirtschaftsfest. Auch das Grundverständnis für Landwirtschaft ist mir geblieben. Wäre schön, wenn das mehr Menschen hätten. In meinen Konzerten sage ich den Leuten auch immer, sie sollen regionale Produkte kaufen. Geldscheine sind die eigentlichen Wahlscheine. Die Wirtschaft reagiert viel schneller als die Politik auf den Wunsch der Leute.

Und Sie sind Freising treu geblieben . . .

Hier leben sehr angenehme Leute. Und ich schätze es sehr, dass so viele Musiker hier sind. Während des Landwirtschaftsstudiums habe ich schon viele kennengelernt, zum Beispiel Norbert Bürger. Wir sind seit damals befreundet und arbeiten bis heute sehr viel zusammen, auch im Jazz Club Hirsch in Moosburg.

Dort ist er Musikalischer Direktor und Sie sind Präsident.

Ja, ich habe das von Anfang an mit Günter Janovsky zusammen gemacht, zum Beispiel das Programm zusammengestellt, Bands gebucht. Er wollte sich als Präsident allmählich zurückziehen und ich habe vor etwa einem Jahr übernommen. Früher waren wir ja auch in Freising, erst im Et Cetera, auch im Schmeckhaus und im Abseits hatten wir eine Reihe. Kann sein, dass sich etwas Ähnliches wieder ergibt.

Sie spielen in sechs Bands - von klassisch bis groovig: "Fett", Jacuzzi, Pony Malta, Leichtmetall, United Weihnachten und "Die Beiden Christstollen", leiten die Bigband und das Jazzprojekt der TU in Weihenstephan und unterrichten auch noch.

Viele Musiker haben mehrere Baustellen. Aber man darf sich das nicht wie bei einer Schülerband vorstellen, wo man mit jeder Band einmal die Woche probt. Wir arbeiten auf einem Niveau, da probt man so zwei, drei Mal und dann sollte es klappen. Mit der Sängerin Julia Schröter arbeite ich besonders viel zusammen - zum Beispiel bei "Fett" und "Pony Malta". Unser neues Programm ist schon ganz gut fertig und im Sommer wird es sicher Gelegenheiten geben, an denen man uns erleben kann. Ich unterrichte auch sehr gern. Für das, was man gerne macht, kann man am meisten Energie aufbringen.

Was wünschen Sie sich fürs Freisinger Kulturleben?

Es würde mich freuen, wenn die Rettung des "Abseits" klappen würde. Und es fehlt mindestens eine Bühne, die nicht ganz so groß ist wie der Lindenkeller. Ganz allgemein wünsche ich mir mehr Offenheit für Kultur. Manchmal glaube ich, dass "Lärm" von Gesprächen und Musik Anwohner mehr stört als Autos. Bei Lieferverkehr beschwert sich niemand, aber wenn Musik zu hören ist . . . Es gibt schon schöne Veranstaltungen in Freising, und ich fände es toll, wenn auf den Straßen und Plätzen öfter mal eine kleine Musikveranstaltung stattfände - mit weniger Auflagen und mehr Spontanität wäre es noch lebendiger.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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