München:Kenner mit Kajak

München: Er liebt die Isar und kämpft seit Jahren an vielen Fronten für deren Wohl: Rolf Renner.

Er liebt die Isar und kämpft seit Jahren an vielen Fronten für deren Wohl: Rolf Renner.

(Foto: Robert Haas)

Rolf Renner, Wassersportler und Sprecher der Isar-Allianz, ist mit dem Fluss vertraut wie kaum ein anderer

Von Jürgen Wolfram

Rolf Renner die Wahl eines Treffpunkts an der Isar zu überlassen, stürzt den Mann beinahe in Untiefen der Verzweiflung. Könnte er doch Dutzende Lieblingsorte an seinem Lieblingsfluss hersagen. Die Reichenbachbrücke und deren parkartige Umgebung gehört unbedingt dazu, gerade auch wegen aktueller Bezüge. Denn hier stößt der Isarplan, das große, vom Naturschützer Renner stets geförderte Renaturierungswerk der vergangenen Jahre, an seine nördliche Grenze. Und bis hierhin, das ist nun wieder dem Wassersportler Renner besonders wichtig, soll schon bald die Befahrung der Isar mit Booten möglich werden. Bisher erlaubt die städtische Bade- und Bootsverordnung das Paddeln nur bis zur Thalkirchner Brücke. Im Herbst entscheidet der Münchner Stadtrat über die Änderung. Ob und wann sie gegebenenfalls in Kraft tritt, darüber wagt Renner lieber keine Prognose.

So oder so, das Beispiel zeigt: Wenn es um die Isar geht, redet der 77-Jährige aus Riemerling im Landkreis München meistens mit. Was weiter kein Wunder ist, denn bei Renner strömt eine Menge Sachverstand zusammen. Er ist nicht nur Fachreferent für Projekte beim Bayerischen Kanu-Verband, sondern seit 2005 auch Sprecher der Isar-Allianz. In diesem Dachverband sind Organisationsschwergewichte wie der Bund Naturschutz, der Landesbund für Vogelschutz und der Deutsche Alpenverein ebenso vertreten wie der Landesfischereiverband, das München Forum oder der Verein "Rettet die Isar jetzt". Mit dem Isartalverein pflegt man die Kooperation. Versteht sich, dass Renner rund ums Jahr mit Terminen bestens bedient ist. Zumal er zudem als Naturschutzwächter in seinem Landkreis und als Biberbeauftrager viel unterwegs ist. Lästig findet er all das nicht, ganz im Gegenteil: "Mir macht es Spaß, unterschiedliche Interessen zusammenzuführen."

Divergierende Interessen spült die Isar zuhauf an die Wasseroberfläche. Exemplarisch ist das Gezerre um den Kies. Die Bauwirtschaft kann von dem Rohstoff nicht genug bekommen, die Umweltschützer fordern den Verbleib oder die gezielte Einbringung von Kies in den Fluss, damit der sich nicht noch weiter eingräbt. Um das altbekannte Problem zu lösen, haben die Fachbehörden einen Geschiebe-Managementplan entworfen. "Der wird wegen hoher Transportkosten und Hochwasserängsten in der Bevölkerung nur leider nicht vollständig umgesetzt", kritisiert Renner.

Eine andere Debatte von schier ewiger Dauer dreht sich um die Ausleitungs- und Restwassermengen im Bereich der Kraftwerke. Seit die Wasserkraft als Quelle regenerativer Energie eine Renaissance erlebt, haben die Betreiber solcher Anlagen Oberwasser und der Naturschutz einen schwereren Stand. Mit dezidierten Stellungnahmen konnte die Isar-Allianz, unterstützt vom renommierten Fischbiologen Michael von Siemens, unlängst trotzdem verhindern, dass Eon am Wehr in Icking zwei Kleinturbinen einhängt, dafür einen Fischpass beseitigt und ein ökologisch unzureichendes Umgehungsgerinne anlegt.

Jederzeit unterschreiben würde Rolf Renner, was in den neuen, europaweit geltenden Wasserrahmenrichtlinien steht. Danach sollen alle Gewässer in einen ökologisch guten Zustand überführt werden. Für die Isar gibt es dazu bereits ein Umsetzungskonzept, das von der Loisachmündung bei Wolfratshausen bis zum Deutschen Museum in München reicht. Guter Zustand, das bedeutet in diesem Kontext nicht zuletzt, dass ursprünglich verbreitete Fischarten wie der Huchen wieder häufiger vorkommen sollen. Gern fördern Renner und die von ihm repräsentierten Organisationen die "Hotspot-Projekte", die das Bundesamt für Naturschutz und der WWF gegenwärtig propagieren. Dabei geht es darum, den Menschen die Einmaligkeit bayerischer Wildflusslandschaften vor Augen zu führen.

Schließlich ist Renner selten fern, wenn es um Fortschritte für die Bootssportler geht. Zur Zeit rudert er kräftig für raue Rampen; dass sind naturnah gestaltete Flusseinbauten, die Fischen und vor allem Kanuten die Fortbewegung erleichtern. Kanu, dies nebenbei, ist der Oberbegriff für die Bootsklassen der Canadier und Kajaks.

Renner, der den überwiegenden Teil seines Berufslebens als Werkzeugmacher bei BMW verbracht und sich zum Betriebswirt fortgebildet hat, lebt seit 1966 in der Region München. Seine ausgeprägte Vorliebe für Fließgewässer entdeckte er bereits in der Kindheit. Geboren in Ludwigsburg, zog ihn zunächst der Neckar magisch an. In jungen Jahren kaufte er sich ein Faltboot, stieg aber bald aufs Kajak um. "Nach Oberbayern gezogen bin ich letztlich wegen der Berge und des Wildwassers", erinnert er sich. Auf der Eisack und der Saalach fuhr er Strecken des höchsten Schwierigkeitsgrades, ohne jemals einen Lehrgang absolviert zu haben. Kurse leitete er gleichwohl häufig, Slalomtrainer ist er bis heute. In München geben acht Vereine mit stabilen Mitgliederzahlen dem Kanusport Auftrieb.

Der größte Wunsch Renners ist längst nicht mehr auf Titel und Pokale gerichtet. Ihm würde es schon genügen, wenn die Leute, namentlich Griller und Mountainbiker, sorgsamer mit der Isar umgehen würden. "Was sich manchmal an den Ufern in München abspielt, ist nicht mehr hinnehmbar", sagt Renner. Es werde Zeit, "dass die Stadt mit eigenem Personal dort eingreift".

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