Moosburg:Ein Seepferdchenabzeichen für Naser

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Flüchtlinge haben in ihren Ländern häufig nicht schwimmen gelernt. Kurse sollen das ändern

Von Christoph Dorner, Moosburg

Als ein 27-jähriger Afghane fast im Moosburger Freibad ertrunken wäre, da wollte der ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuer Reinhard Kastorff nicht länger tatenlos zusehen. Der Flüchtling hatte im Schwimmerbecken Panik bekommen und musste aus dem Wasser gezogen werden. Im Juli war ein 24-jähriger Afghane bei Freising in der Isar ertrunken, Anfang August ein 18-jähriger Asylbewerber bei Oberföhring.

Weil in ganz Bayern Flüchtlinge in Gewässern wegen fehlender Schwimmkenntnisse in Lebensgefahr geraten waren, hatte es bereits vielerorts Initiativen für Schwimmkurse gegeben. Auch Reinhard Kastorff wollte deshalb im Landkreis solch ein Angebot organisierten. "Zunächst dachte ich, dass man dafür kein Geld braucht", sagt Kastorff am Montagabend im Moosburger Freibad. Doch er hatte seine Rechnung ohne die Wasserwacht gemacht, der wegen der ehrenamtlichen Wach-, Sanitäts- und Rettungseinsätze schlichtweg das Personal fehlt, um zusätzliche Schwimmkurse anzubieten.

Als Kastorff schließlich doch das Signal von der Wasserwacht bekam, dass im August ein Kurs stattfinden könne, einigte man sich auf einen Sonderpreis von 50 Euro pro Person für die zehn Schwimmstunden. Eine "größere Enttäuschung" sei für ihn gewesen, dass auch die Stadt Moosburg nicht von Eintrittsgeldern für das Freibad abrücken wollte, sagt Kastorff. Am Ende gab es auch hier nur eine Ermäßigung.

Geradezu überwältigend sei dagegen die Spendenresonanz aus der Bevölkerung gewesen, sagt der Moosburger Flüchtlingsbetreuer, der nach eigenem Vernehmen sofort zwei weitere Kurse für Asylbewerber finanzieren könnte. Die zwölf männlichen Teilnehmer des ersten Kurses kamen aus Eritrea, Syrien und Afghanistan. Sie wohnen in Unterkünften in Moosburg und Wang.

Bei ihnen sei es in erster Linie darum gegangen, ein Gefühl für tieferes Wasser zu vermitteln, sagt Rainer Schug, der bei der Wasserwacht die Rettungsschwimmer ausbildet. Erst danach sei es darum gegangen, dass die Teilnehmer so weit die Brustschwimmtechnik lernen, dass sie nicht nach zehn Metern untergehen. Mit Händen, Füßen und einem Übersetzer kommunizierten die vier Ausbilder der Wasserwacht während der Einheiten mit den zwölf Männern im Schwimmerbecken. Dabei sei ihm das Bemühen, aber auch die Traumatisierung der Männer aufgefallen, erzählt Rainer Schug. Am Ende schafften vier Jugendliche die Seepferdchenprüfung, zwei junge Männer bekamen das Schwimmabzeichen für Erwachsene. Der Rest ist noch nicht weit genug, um mehrere Bahnen zu schwimmen.

Der 16-jährige Naser aus Afghanistan hat am Montagabend sein Seepferdchenabzeichen bekommen. In seiner Heimat gebe es Flüsse, in denen regelmäßig Menschen ertrunken seien, erzählt er auf deutsch. Aus Angst vor dem Wasser habe er deshalb nie schwimmen gelernt, auch sein Vater konnte es nicht. Insbesondere das Gefühl, im tieferen Wasser keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben, habe ihn anfangs sehr verunsichert. "Man fällt einfach runter", sagt Naser, der weiter sehr vorsichtig sein will, wenn er in Flüssen oder Seen badet.

Reinhard Kastorff hofft derweil auf eine baldige Fortsetzung der Kurse. Zu den Mitgliedern der Wasserwacht sagt er zur Verabschiedung: "Ruft an, wann immer ihr Zeit habt."

© SZ vom 26.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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