Mitten in Freising:Aufs Volksfest im Kaschperlgwand

Wie der Oberbayer einen Ersatz für den verschmähten Fasching gefunden hat

Von Peter Becker

Über Mode lässt sich bekanntlich trefflich streiten - und natürlich auch und erst recht über den zur Freisinger Volksfestzeit grassierenden Trachtenlook. Der ebbt erst wieder ab, wenn das letzte Festzelt auf dem Münchner Oktoberfest geschlossen hat. Der fesche Bub in Lederhose und das fesche Madl im Dirndl mag ja auf die identitätsstiftende Wirkung der Tracht in den diffusen Zeiten der Globalisierung hinweisen. Anderen geht die übertriebene, bunte Volkstümlichkeit schlicht auf den Geist. "Kasperlgwand", klingt es da verächtlich aus dem Mund eines notorischen Grantlers während eines Besuchs auf dem Freisinger Volksfest. Wobei das abwertende Wort für die Trachtenkluft durch die Aussprache "Kaschperlgwand" eine zusätzlich verächtliche Note erhält.

Der Grantler taxiert insbesondere in Dirndl gewandete Frauen mit kritischem Blick. Es gibt da ja Längen, die als schicklich und solche, die eher als knapp geschürzt gelten. Auf Ersteren ruht der Blick des Trachtenkritikers mit Wohlgefallen, während er Letztere verächtlich als "Schulmadl" tituliert, das auf Männerfang sei. Und die Burschen bekommen auch ihr Fett weg: Die könnten sich nur Lederhosen von der Stange leisten, weil echte schlichtweg zu teuer seien. Ganz schlimm wird's, wenn der Trachtenträger ein Idiom spricht, das nicht das geringste mit Bairisch zu tun hat.

Es ist halt so: In Oberbayern ebbt die Freude am Fasching zusehends ab. Dafür liebt man es auch in Freising, sich zu Volksfestzeiten zu kostümieren. Auch wenn das Motto der Verkleidung ziemlich monothematisch ist.

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