Mitten in Eching:Hier lotst der Chef

Der Brunnthaler Ikea-Chef war irgendwann weg, und man hat sich schon gefragt, was aus ihm geworden ist. Beim Besuch des Ikea-Hauses in Eching kommt die Auflösung. Er wird dort auf Fotos als Einrichtungshausleiter vorgestellt

Kolumne von Bernhard Lohr

Es war nicht so, dass man gleich beim Du gelandet wäre. Auch wenn einiges dafür gesprochen hätte, einen Beschäftigten des bekannten schwedischen Möbelhauses derart anzusprechen. Schließlich pflegt man dort den vertraulichen Umgang. Doch keinesfalls wollte man dem Chef des Ikea-Möbelhauses in Brunnthal bei dem Pressetermin zu nahe treten. Schließlich führt der Mann einen großen Laden. Er hat darauf zu achten, dass die Billy-Regale nicht ausgehen, dass die Mitarbeiter zur Arbeit kommen, und überhaupt - dass alles funktioniert. Er ist Chef, auch wenn er sich nicht so benahm.

Solch ein Typ wäre in den Fünfzigerjahren nicht denkbar gewesen, als Patriarchen das Bild vom Chef prägten. Weil das damals manche aber auch schon als ziemlich daneben fanden, rief eine Amerikanerin 1958 einen Boss-Day ins Leben. Seitdem feiern viele Mitarbeiter in den USA am 16. Oktober die guten, verständnisvollen Chefs, was freilich all jene eine blöde Idee finden, die unter den Überforderten, den Cholerikern und den Kontrollsüchtigen leiden, die es früher wie heute eben auch gab und gibt.

Der Brunnthaler Ikea-Chef war jedenfalls irgendwann weg, und man hat sich schon gefragt, was aus ihm wohl geworden ist. Bis beim Besuch des Ikea-Hauses in Eching die Auflösung kommt. Dort wird der frühere Chef aus Brunnthal auf Fotos als Einrichtungshausleiter vorgestellt. Also ist er nach Eching gewechselt, was als Aufstieg werten kann, wer will. Schließlich war das am 17. Oktober 1974 in Eching eröffnete Haus das erste in Deutschland. Heute sind es 53.

Alles ist mehr geworden. Auch der Verkehr. Das zeigt sich in Eching auch beim Verlassen des Ikea-Parkhauses, als alle mit ihren Billys im Kofferraum gleichzeitig los wollen. Nichts geht voran. Ein Mann in Ikea-Kapuzenjacke lotst den Verkehr und winkt die Autos vom Oberdeck durch, während die anderen lange warten müssen. Viele hupen, weil sie das ungerecht finden. Als man versucht, den Mann zur Rede zu stellen, zeigt sich: Es ist der Chef selbst, der den unangenehmen Job erledigt. Der muss ran, weil das jetzt eben gemacht werden muss.

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