Mitten in der Hallertau:Einsatz für die Heimat

Wie es bei der Wahl der Hopfenkönigin zu einem Wahlbetrug kam

Von Christoph Dorner

Die Lokalredaktion einer Tageszeitung ist nie ganz neutral. Natürlich wird immer fair und objektiv berichtet. Andererseits ist es im Landkreis, der Heimat, doch auch wirklich immer etwas schöner, geruhsamer und überhaupt lebenswerter als ein paar Kilometer weiter. Und dass die spannendsten Leute, die echten Siegertypen, aus der eigenen Heimat und nicht aus der Heimat der Nachbarn kommen, steht sowieso unverrückbar fest. So ist der Lokaljournalist immer auch unentgeltlicher Mitarbeiter der Tourismusbehörde.

Besonders schamlos konnte der Autor dieser Zeilen diesem Credo am Montag bei der Wahl zur Hallertauer Hopfenkönigin nachgehen. In Wolnzach im Landkreis Pfaffenhofen ist man sehr stolz darauf, das Wahlverfahren in den letzten Jahren so modifiziert zu haben, dass es nicht mehr zugeht wie im Bierzelt, bei einer Frauenversteigerung oder den republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen in den USA. So erhält jeder Hopfenpflanzerbetrieb nach vorheriger schriftlicher Anmeldung beim Verband ein Paket mit drei Stimmen. Normale Bürger haben erst gar keine Chance, Einfluss auf den Ausgang der Wahl zu nehmen. Bürgermeister und Gemeinderäte in Wolnzach geben sich unparteiisch und wählen nicht mit.

Warum dann aber auf dem Tisch für die Pressevertreter vor der Stichwahl gleich sieben blaue Stimmzettel für drei Leute liegen, bleibt ein Geheimnis der Organisatoren. Während die Fotografin und der Redakteur des Bayerischen Rundfunks die Zahl Eins auf ihre Zettel malen, weil Kandidatin Eins aus dem Landkreis Pfaffenhofen den besten Eindruck hinterlassen hat, kommt der Lokaljournalist seiner obersten Bürgerpflicht nach und schreibt auf die übrigen fünf Stimmzettel die Startnummer Zwei für die Kandidatin aus dem Landkreis Freising, seinem Landkreis. Und da sage noch einer, Journalisten seien nur an Negativschlagzeilen interessiert. Nein, der Lokaljournalist wollte den Sieg für den Landkreis Freising. Allein, es hat nichts genützt. Und zur Wahl der Hopfenkönigin wird der Autor nach seinem Wahlbetrug vermutlich nie mehr eingeladen. Dabei müssten sie in der Hallertau sein Tatmotiv doch nachvollziehen können. Er hat es doch nur für die Heimat getan.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: