Misstrauen ist geweckt:Der Bauausschuss übernimmt die Kontrolle

Misstrauen ist geweckt: Nachbarn hatten bei einem "Bürgerspaziergang" die geplante Nachverdichtung auf diesem 3000 Quadratmeter-Grundstück heftig kritisiert.

Nachbarn hatten bei einem "Bürgerspaziergang" die geplante Nachverdichtung auf diesem 3000 Quadratmeter-Grundstück heftig kritisiert.

(Foto: Marco Einfeldt)

Das Gremium des Neufahrner Gemeinderats schränkt die Kompetenz des Bauamts ein. Zu oft hat man sich dort übergangen gefühlt. In den nächsten Monaten müssen alle Anträge vorgelegt werden

Von Von Birgit Grudner, Neufahrn

Alle Bauanträge müssen in den nächsten Monaten dem Bauausschuss vorgelegt werden, und keine einzige Einschätzung wird mehr allein dem Bauamt überlassen. Mit dieser Entscheidung zieht die Gemeinderats-Mehrheit Konsequenzen aus der Diskussion um das alte Pfarrhof-Gelände. Zugleich sprach sie eine Art Misstrauensvotum gegen Bauamtsleiter Michel Schöfer aus, und es war deutlich erkennbar, dass das es im Vorfeld über Parteigrenzen hinweg entsprechende Gespräche gegeben hatte.

Die Diskussionen über den alten Pfarrhof liegen vielen Gemeinderäten offensichtlich immer noch schwer im Magen. Nachbarn hatten bei einem "Bürgerspaziergang" die geplante Nachverdichtung auf dem 3000 Quadratmeter-Grundstück heftig kritisiert. Sie hatten beklagt, dass das Bauamt die Pläne für drei Mehrfamilienhäuser mit gut 30 Wohnungen "durchgewunken" habe und das Landratsamt den Vorbescheid erteilte. Bauamtsleiter Schöfer verteidigte die in seinen Augen "maßvolle bauliche Nutzung" und verwies auf die Geschäftsordnung: Demnach wird der Bauausschuss bei Bauvorhaben solcher Größenordnung nicht einbezogen. In der Folge kündigte Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) an, die Geschäftsordnung so zu ändern, dass der Bauausschuss bereits bei kleineren Vorhaben zustimmen muss. Der Vorschlag, den Ausschuss künftig bei Grundstücksflächen von mindestens 900 Quadratmetern und bei mehr als fünf Wohneinheiten einzubeziehen, ging einer Gemeinderatsmehrheit nicht weit genug.

Man sollte "vorübergehend alle Anträge unabhängig von der Größe und der Fläche" im Bauausschuss behandeln, forderte Beate Frommhold-Buhl (SPD). Bis zur Sommerpause könnte man sich so darüber klar werden, "wo unsere Grenzen sind" und die Geschäftsordnung entsprechend anpassen. "Wir müssen ein Gespür dafür bekommen, wie man sie ändern könnte", bekräftigte Burghard Rübenthal (CSU). "In Ruhe Gedanken machen" will sich Markus Funke (FDP). Er erinnerte daran, dass der Bauausschuss bis zur Änderung der Geschäftsordnung 2008 viel stärker eingebunden gewesen sei: "Jetzt kriegt man - egal wohin man hingeht - Ohrfeigen für Sachen, von denen man gar nix weiß."

Altbürgermeister Gerhard Michels (CSU) ärgert es, dass er auf Projekte angesprochen wird, von denen er "nicht die geringste Ahnung" habe. Im Fall der Nachverdichtung an der Vogelweide sei das ebenfalls so gewesen. Als Gemeinderat habe man inzwischen manchmal das Gefühl, dass in der Verwaltung bei der Beurteilung von Bauvorhaben "das Ermessen nicht richtig angewendet" werde. Man könne doch "nicht allein über einen Antrag entscheiden, wenn es um 30 Wohnungen geht", so Michels: "Der Gemeinderat fühlt sich einfach übergangen."

Schöfer hatte zuvor erklärt, dass die Verwaltung eigentlich gar keinen Ermessensspielraum habe, "entweder besteht Baurecht oder nicht". Der Bauausschuss sollte auch nicht Verwaltungsaufgaben übernehmen, sondern eher grundsätzliche Leitlinien vorgeben. Dem Gremium nun alle 130 jährlich eingehenden Bauanträge vorzulegen, erschien Bürgermeister Heilmeier allerdings als zu aufwändig: "Tagt der Ausschuss dann zweitägig?" Die entsprechende Aufbereitung sei zudem "mit dem Personal nicht zu schaffen", gab Schöfer zu bedenken.

Den Sinn in solchem Vorgehen vermochte auch Christian Meidinger (Grüne) nicht zu erkennen. Als "ungeschickt" bezeichnete es Florian Pflügler (ÖDP), wenn man nun "ins andere Extrem" verfalle und sich "mit jeder Garage, jedem Vordach und jedem Gartengerätehäuschen" befasse. Man könnte die Grenze bei zwei Wohneinheiten und 400 Quadratmetern festlegen, meinte er, bekam dabei aber keine Unterstützung.

Heilmeier bot schließlich an, die Anträge eines Jahres einmal zusammenzustellen und gemeinsam durchzugehen, um "ein Grundgefühl zu bekommen", wie die Geschäftsordnung sinnvollerweise geändert werden sollte. Auch ihm gehe es schließlich darum, dass es künftig "weniger Unzufriedenheit" gebe, versicherte er. Man müsse nur noch das "richtige Maß" finden. Eine 15:9-Mehrheit mit Stimmen von CSU, SPD, Freien Wählern und FDP blieb aber dabei: Fürs erste gehen alle Bauanträge in den Bauausschuss.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: