Migration, Europa, Klimawandel:Das Kreuz vor der Wahl

Diskussion mit bayerischen Politikern auf dem Freisinger Domberg

Von Clara Lipkowski, Freising

Es war sonnig, es war warm und das Bildungszentrum am Domberg hatte sich einiges vorgenommen am vergangenen Freitagabend: Sechs Politiker, vier Themen, zweieinhalb Stunden Zeit.

Zur Podiumsdiskussion "Das Kreuz vor der Wahl" waren bayerische Vertreter der CSU, SPD, Grünen, Linken, AfD und FDP in den Renaissancehof des Kardinal-Döpfner-Hauses gekommen - schließlich steht die Bundestagswahl fast vor der Tür. Der Leiter des SZ-Ressorts München, Region, Bayern, Christian Krügel, moderierte; auf Facebook war die Veranstaltung mit etwa 60 Zuhörern live zu sehen.

Waren sich die Redner beim Thema soziale Gerechtigkeit noch weitgehend einig, dass ein besserer Zugang zu Bildung und Arbeit dringend notwendig sei, um Armut zu bekämpfen, zeigten sich bei den anderen drei Themen Klima, Migration und EU deutliche Differenzen. CSU-Politiker Markus Blume verteidigte die Obergrenze für Flüchtlinge und sagte, Deutschland dürfe nicht unkontrolliert" zuwandern lassen. Florian Pronold (SPD) hielt dagegen: "Da, wo es um humanitäre Hilfe geht, darf es keine Obergrenze geben". Er betonte den Unterschied zwischen Flüchtlingen, die Asyl suchen und Arbeitsmigranten.

Margarete Bause (Grüne), kritisierte die CSU-Regierung scharf. Im Freistaat werde Afghanen besonders oft die Arbeits- oder Ausbildungserlaubnis entzogen oder gar nicht erst erteilt. Das Thema hatte auch im Landkreis Freising für Unmut gesorgt. "Und trotzdem bleiben sie", sagte Bause - weil man sie nicht abschieben könne. Gleichzeitig würden Agenturen auf den Philippinen Fachkräfte für Deutschland suchen. "Wie dumm ist das denn?" Sie forderte, Flüchtlinge unabhängig von ihrer Bleibeperspektive arbeiten zu lassen. Blume widersprach: Wüssten Menschen, das hier jeder Arbeit finde, locke sie das her.

"Asylrecht ist humanitäre Hilfe auf Zeit", sagte er. Es seien "viele Wege geöffnet, dass jemand eine Ausbildung aufnehmen kann", das zeige auch die 3+2 Regel der Bundesregierung für Auszubildende. Falle aber der Fluchtgrund weg, sei über eine Rückkehr nachzudenken. Fluchtgründe sprach auch AfD-Politiker Martin Hebner an. Er bezweifelte eine echte Not bei vielen Flüchtlingen, weil vorrangig junge Männer statt Familien kämen - und erhielt dafür Zustimmung aus dem Publikum. Daniel Föst (FDP) reagierte wütend: "Da werden Kinder vorgeschoben. Menschen fliehen aus Angst und Leid. Ihr Menschenbild ist sowas von menschenverachtend" - auch hierfür gab es Applaus. Ates Gürpinar (Linke) plädierte für ein Bleiberecht für alle. "Es gibt keine sicheren Herkunftsländer", sagte er, "wenn ein Mensch homosexuell ist, wird diese Person auch in Serbien Flucht aus dem Land suchen, weil sie dort verfolgt wird." Grundsätzlich wurde Hebner, als es um den Klimawandel ging: Er stellte infrage, dass er menschengemacht sei und meinte, der Glaube daran sei "fast eine Ersatzreligion". Bause hingegen appellierte an das Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 bis zwei Grad zu begrenzen, etwa mit "verantwortbarer Mobilität" - so wie Volvo müssten sich auch andere Unternehmen transformieren. Der Autohersteller will ab 2019 nur noch E-Fahrzeuge auf den Markt bringen. Anders argumentierte Föst: Der Druck auf Innovationen müsse erhöht werden. Helfen könne es, die Produktion von CO2 in Produkte einzupreisen.

Beim Thema EU kam die europäische Solidarität zur Sprache. Blume sagte, man sei geradezu "verdammt" zu einem starken Europa. "Natürlich" müsse man mit kleineren Staaten reden, die sich derzeit abschotten, aber nicht mit der Arroganz der Größe auftreten. Hebner hingegen brachte einen "Gerexit" ins Spiel - er will die Deutschen über einen Verbleib in der EU abstimmen lassen. Bause kritisierte, man könne nicht sagen: "Europa finde ich dann gut, wenn Deutschland am meisten profitiert." Föst befand die EU für "sensationell", räumte aber ein, dass der Bräunungsgrad von Pommes nicht unbedingt europaweit geregelt sein müsse.

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