Merkel, Seehofer und Stoiber zu Gast:Freising, die heimliche Hauptstadt

Merkel, Seehofer und Stoiber zu Gast: Bereits zum neunten Mal fand das Starkbierfest in Weihenstephan statt - und immer ist der Ministerpräsident, äh, Kabarettist Wolfgang Krebs, dabei.

Bereits zum neunten Mal fand das Starkbierfest in Weihenstephan statt - und immer ist der Ministerpräsident, äh, Kabarettist Wolfgang Krebs, dabei.

(Foto: Marco Einfeldt)

Beim Starkbierfest der Staatsbrauerei Weihenstephan trifft sich die lokale Polit- und Wissenschaftsprominenz zum Freibier und lacht spätestens bei den Nummern von Kabarettist Wolfgang Krebs Tränen

Von Johann Kirchberger, Freising

Oberbürgermeister, Landrat, TU-Präsident, Abgeordnete, Stadt- und Kreisräte, Dekane und Professoren sind seit mittlerweile neun Jahren Stammgäste beim Starkbierfest der Bayerischen Staatsbrauerei Weihenstephan. Und auch der Kabarettist ist immer der gleiche. Das ist zum einen nicht so schlecht, weil der immer besser wird und eigentlich noch nie besser war als in diesem Jahr, zum anderen ist das auch sehr praktisch. Wolfgang Krebs kommt nämlich nie allein, er bringt immer interessante Gäste mit. Diesmal waren das nicht nur seine alten Spezln, der ehemalige und der amtierende Ministerpräsident, diesmal war auch Angela Merkel mit dabei, die "Kandisbrunzlerin oder Bunsenbrennerin", wie sich Edmund Stoiber auszudrücken weiß. Markus Söder war diesmal zu Hause geblieben, möglicherweise hatte er sich ja tags zuvor auf dem Nockherberg verausgabt.

Bestens in Form waren auch Oberbürgermeister Aschenbecher - Originalton Stoiber -, der mit drei Schlägen ein Fass anzapfte und Brauereidirektor "Dingsda" Schrädler, der in seiner Begrüßungsrede von den vergeblichen Versuchen der Versuchsbrauerei sprach, so ein gutes Bier wie die Staatsbrauerei zu brauen. Das war am Donnerstag schon deshalb nicht zu schaffen, weil Schrädler die unschlagbare Sorte "Freibier" ausschenken ließ.

Angetan mit weißblauer Schärpe und zahlreichen Orden marschierte Horst Seehofer ein, und natürlich bliesen die Musiker von "Premium Bavaricum" dazu den Defiliermarsch. Mit seiner Bemerkung, Freising sei die heimliche Hauptstadt Bayerns und ohne Freising hätte München nicht einmal einen Flughafen, flogen ihm sogleich die Herzen des Publikums zu. Wenn Freising demnächst die 50 000-Einwohner-Marke knacke, spöttelte er, würden die Lichterzeichen der Domstadt auf Rot gestellt, es komme zu einem Spannungsverhältnis zwischen Dom und Domina. Nachdem sich Freising mit Gewerbeansiedlungen immer etwas schwer tue, müsse diese Art von Gewerbe zur Chefsache gemacht werden, forderte er und schlug dem Stadtrat sogleich eine Studienreise nach Tschechien vor.

In Sachen 3. Startbahn - "ich war mal dafür, dann dagegen und jetzt bin ich wieder dafür, glaube ich" - rügte er, dass Freising wegen der Sanierung des Asamtrakts ein "fliegendes Museum" einrichten wolle, und dadurch für zusätzliche Flugbewegungen sorge. Seehofer ging auch auf die vielen Baustellen in Freising ein, von der Westtangente bis zur Innenstadt. Für die schönste Baustelle sorge aber momentan die Staatsbrauerei mit dem Bau ihrer Logistikhalle in den Clemensängern, stellte er fest. Diese sei notwendig geworden, weil der Weihenstephaner Berg schon völlig unterhöhlt sei, weswegen Direktor Schrädler, als Maulwurf bezeichnet und unter Naturschutz gestellt worden sei. Witzig und unterhaltsam schilderte der Ministerpräsident 25 Minuten lang seine Politik - "ich schimpfe nicht mehr auf die Merkel, das macht jetzt der Söder" - forderte ein Einfuhrverbot für Autos aus Baden-Württemberg und einen Haustrunk für alle Bayern, "damit wir spitze bleiben". Und da er schließlich auf Einladung der Staatsbrauerei nach Freising geeilt war, rührte er auch die Werbetrommel ein wenig: "Weihenstephaner Bier makes Bavaria great again", rief er und ermunterte die vielen Lederhosen- und Dirndlträger zu einem tiefen Schluck aus Krug oder Glas.

Weil Wolfgang Krebs ein Verwandlungskünstler ist, ließ er anschließend Angela Merkel auftreten, die mit Perücke und rotem Hosenanzug fast dem Original entsprach. Sie durfte von ihrem Urlaub in Bayern erzählen und ihre Probleme mit dem Dialekt schildern - "manche sprechen Deutsch, aber nicht alle". Ihre Beobachtung, dass gegenseitige Beleidigungen die Stimmung anheizten, ließen dabei so manche der Starkbierfestfreunde Tränen lachen.

Aber auch Edmund Stoiber, der bekannteste Wolfratshauser, trat noch ans Rednerpult, verhaspelte sich wie eh und je, verwechselte Begriffe und vertauschte Wörter. Er sprach über den "Eurofighter aus Brüssel", nannte Brauereidirektor Schrädler "einen Silberrücken unter den Geschäftsführern" und zeigte sich gespannt, ob die diesmal fehlende stellvertretende Landrätin "Mooser-Schnarrenberger" beim nächsten Mal wieder komme und bei welcher Partei sie dann sei. Sich selbst bezeichnete Stoiber als "Lichtgestalt der Vergangenheit", mahnte die Gestaltung der Zukunft nicht der Gegenwart zu überlassen, forderte eine Untergrenze für die Mundwinkel von Angela Merkel und zeigte sich bereit, das Vaterland vor der Verwürstelung zu retten. Der gute, alte Stoiber halt. Wolfgang Krebs sei gedankt.

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