Mein Jahr:Andauernder Notfall

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Werner Wagensonner leitet die Sozialverwaltung des Freisinger Landratsamt. Er kümmert sich um die Unterbringung von Flüchtlingen. (Foto: privat)

Werner Wagensonner sucht Unterkünfte für Flüchtlinge

2015 neigt sich dem Ende zu und überall blicken die Menschen derzeit zurück auf die großen Ereignisse der vergangenen zwölf Monate. Die Freisinger SZ hat Bürger aus dem Landkreis gebeten, sich an die Besonderheiten zu erinnern, die sich 2015 für sie ganz persönlich ergeben haben.

"Die Ereignisse überschlugen sich, es war ein stressiges Jahr", resümiert Werner Wagensonner, Leiter der Sozialverwaltung des Freisinger Landratsamtes. Der 46-jährige Familienvater hat inzwischen rund 400 Überstunden angesammelt und trotzdem immer das Gefühl, es sei noch mehr zu tun. Wenigstens habe er sich zwei Wochen Urlaub genommen und sei mit seiner Familie weggefahren, berichtet er. Wenn es zeitlich irgendwie gehe, joggt er zweimal in der Woche, um sich fit zu halten und den Kopf frei zu bekommen. Mit seinen 40 Mitarbeitern versucht Wagensonner, die Flüchtlinge, die in den Landkreis kommen, "vernünftig und angemessen" unterzubringen. Am Jahresanfang wurde ihnen mitgeteilt, wie viele Flüchtlinge kommen werden, und die Mitarbeiter organisierten für sie Unterkünfte, - möglichst in dezentralen, kleinen Einheiten. Aber die Quote wurde quartalsweise ständig erhöht, berichtet Wagensonner.

"Das Ganze überschlug sich. Man kann eigentlich nie aufatmen und denken, das Ziel ist erreicht, weil immer noch mehr Menschen kommen. Es ist belastend". Immer wieder mussten neue Pläne gemacht und flexibel Entscheidungen getroffen werden, wo die Flüchtlinge untergebracht werden könnten. "Ich organisiere gerne, und im Landratsamt helfen alle zusammen", beschreibt der Sozialamtsleiter. Dann trat der Notfallplan in Kraft und innerhalb von 36 Stunden mussten auf einen Schlag 300 Leute untergebracht werden. Das war mit den dezentralen Häusern allein nicht mehr zu bewältigen, und Turnhallen wurden als zusätzliche, vorläufige Unterkünfte eingerichtet. Wagensonner koordinierte die Helfer des Roten Kreuzes, der Feuerwehr und die freiwilligen Helfer. "Ich stehe da mitten drin", aber die Flüchtlinge seien ja nur ein Teil seiner Aufgaben, denn das Sozialamt ist unter anderem für 500 Klienten, die Grundsicherung erhalten sowie 20 Menschen in der ambulanten Versorgung (Hilfe zur Pflege) zuständig, das läuft ja alles auch weiter, sagt Wagensonner. Er stelle sich schon jetzt darauf ein, dass im nächsten Jahr aufgrund einer Gesetzesänderung 60 Prozent mehr Wohngeldanträge in seiner Behörde eingehen werden.

Inzwischen wurde die Arbeit im Sozialamt umorganisiert und Wagensonner hat Aufgaben delegiert, "sonst wäre das alles nicht zu schaffen". "Wir sind inzwischen eine Art 'Hotelbetrieb' mit 77 Häusern und drei Turnhallen, in denen knapp 2000 Menschen wohnen", fasst er die Situation am Jahresende zusammen. Für das nächste Jahr wünsche er sich verlässliche Flüchtlingszahlen, "damit wir länger als bis zur nächsten Woche planen können".

© SZ vom 30.12.2015 / ka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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