Mediation im Landkreis Freising:Die Vermittler

Konflikte lösen ohne Gericht: In Freising eröffnet eine Informationsstelle für Mediation. Sie soll bei scheinbar unlösbaren Streitigkeiten in der Familie helfen.

Kristina Milz

"Zwei Kinder streiten sich um eine Orange. Die Mutter schneidet die Frucht in zwei Hälften und gibt jedem der beiden eine davon, um den Streit zu beenden": Mit einfachen Beispielen versuchen Mediatoren ihren Beruf zu erklären. "Mediation" bedeutet Vermittlung und ist ein Verfahren zur Konfliktbeilegung und zur Vermeidung von Streit im Vorfeld. Den Parteien hilft ein Mediator mittels Gesprächen über die Streitursache, den Konflikt zu beenden. Aber: "Es ist leider so, dass die Mediation als Mittel zur Konfliktlösung noch nicht so sehr in den Köpfen der Menschen verankert ist", bedauert Andrea Gurr, Mediatorin aus Freising. Um das zu ändern, hat sich das "Schönauer Netzwerk", eine Gruppe von etwa 30 freiberuflichen Mediatoren, etwas Besonderes ausgedacht: Im September eröffnet in Freising eine "Informationsstelle Mediation".

Zweimal monatlich kann man sich dort kostenlos von erfahrenen Mediatoren über das Verfahren informieren und im konkreten Konfliktfall beraten lassen. "Wir stellen flexibel je einen Termin vormittags und abends zur Verfügung, damit möglichst viele Menschen das Angebot nutzen können", erklärt Karen Pajung, eine von sechs Mediatoren, die sich um die Informationsstelle in Freising kümmern werden. "Bei den Beratungsterminen finden wir zunächst heraus, ob eine Mediation in dem entsprechenden Fall geeignet ist. Wenn das zutrifft, empfehlen wir einen uns bekannten Mediator, der sich in dem Gebiet besonders auskennt", beschreibt sie das Vorgehen.

Das Verfahren lässt sich in allen erdenklichen Konflikten anwenden. Leidige Nachbarschaftsstreitigkeiten, Probleme nach Trennungen und Scheidungen oder auch Konflikte zwischen Kollegen, zählt Andrea Gurr auf. Sie eröffnet im Oktober eine Praxis für Mediation in Freising. Im Vergleich zu teuren Gerichtsverfahren sei eine Mediation oft ein kostengünstigeres und auch effektiveres Mittel, Konflikte zu lösen. "Oft kommt es in einem Rechtsstreit zu einem Vergleich. Das ist allerdings die denkbar schlechteste Lösung, da der Vergleich fremdbestimmt ist und somit ist auch niemand zufrieden", berichtet Gurr.

Das Besondere an der Mediation ist, dass die Konfliktparteien eine Lösung gemeinsam erarbeiten. So ist es für alle Seiten einfacher, sich an die getroffene Regelung auch zu halten. Das Erstberatungsgespräch bei einem Mediator ist für gewöhnlich unverbindlich und kostenlos. Entscheiden sich die Konfliktparteien dafür, dauert es in den meisten Fällen vier bis zehn Sitzungen, bis eine adäquate Lösung gefunden ist, so Gurr. Oft stecken hinter den Streitigkeiten an der Oberfläche ganz andere Hintergründe, erklärt die Mediatorin: "Ein berühmtes Beispiel ist die Zahnpastatube bei Ehepaaren: Wenn sich ein handfester Konflikt an so einer Kleinigkeit entzündet, ist sie nur der Anlass, nicht aber die Ursache. Meist stecken dahinter Kommunikationsprobleme. Der Mediator ist in diesem Sinne Übersetzer."

Eine Mediation ist stets freiwillig. Man kann sie jederzeit abbrechen und sie dürfte in den meisten Fällen preiswerter sein, als der Weg zum Rechtsanwalt. Allerdings gibt es laut Gurr große regionale Unterschiede: "In München muss man für eine Sitzung schon 100 bis 150 Euro zahlen. In Freising liegt der Schnitt vermutlich bei um die 80 Euro." Die Kosten werden meistens auf die Konfliktparteien verteilt.

Seit kurzem gibt es eine Verfahrensvorschrift, wonach Richter bei Sorgerechtsstreitigkeiten eine Mediation anordnen können. Auch immer mehr Unternehmen versuchen, über die Team-Mediation ein gutes Betriebsklima in ihrer Firma zu fördern.

Bei privaten Konflikten ist die Aufmerksamkeit noch nicht so groß. Die Informationsstellen des "Schönauer Netzwerks" gibt es, um genau dies zu ändern. Außer der Stelle in Freising, die am 23. September im Zentrum der Familie in der Freisinger Kammergasse eröffnet wird, gibt es bereits Initiativen in Pfarrkirchen, Traunstein und Vierkirchen. Wiebke Heider, Mediatorin und Betreuerin der Beratungsstelle in Vierkirchen berichtet aus ihren Erfahrungen: "Durchschnittlich kommen in jeder Sprechstunde zwei Interessenten. Wir bieten allerdings auch eine anonyme Beratung am Telefon an, die wird weit häufiger genutzt. Viele nennen erst beim zweiten oder dritten Gespräch ihren Namen."

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