Marzling:Verkehr verhindern

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Beim SPD-Diskussionsabend zur Mobilität der Zukunft sind konkrete Konzepte gefragt

Von Katharina Aurich, Marzling

"Mobilität der Zukunft - mit Strom und ohne Fahrer?". Zu diesem Thema hat SPD-Ortsverein Langenbach-Marzling am Freitag eine Diskussionsveranstaltung mit dem SPD-Bundestagskandidaten Andreas Mehltretter sowie dem verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Europäischen Parlament, Ismail Ertug, organisiert. Den Zuhörern ging es jedoch weniger um den Elektro- oder Gasantrieb, sondern vielmehr um konkrete Konzepte zur Verkehrsvermeidung, die ihnen an diesem Abend offensichtlich fehlten.

Mehltretter ging immerhin auf die regionalen Probleme ein. Er wolle das "Verkehrschaos in unserer Region" in den Griff bekommen und den öffentlichen Nahverkehr vor allem auch in den ländlichen Regionen ausbauen. Alle Busse im öffentlichen Nahverkehr sollten in Zukunft mit regenerativen Energien betrieben werden, so seine Vorstellung. Er sei gegen ein generelles Fahrverbot von Dieselautos, aber die Bürger sollten "weniger das Bedürfnis haben, in der Stadt mit ihrem Auto zu fahren", sagte Mehltretter.

Laut Ertug lande das Thema "Mobilität" im Europaparlament "häufig unter dem Radar", habe nicht die Bedeutung, die es haben sollte, denn es sei schließlich auch ein "knallhartes Industriethema". Ertug, der auch Mitglied im Untersuchungsausschuss zu Emissionsmessungen der Automobilindustrie (EMIS) ist, ging auch auf den Dieselskandal ein. Der Dieselmotor sei in Deutschland erfunden worden und in keinem Land der Welt würden so viele Dieselautos fahren wie hier, Veränderungen brauchten darum Zeit.

Er forderte, zunächst einen "Masterplan" zu erarbeiten, nachdem dann alle europäischen Länder bei der Entwicklung neuer, umweltfreundlicher Motoren an einem Strang ziehen sollten. Denn es nütze wenig, wenn in Deutschland umweltfreundliche Fahrzeuge unterwegs seien, aber aus den Nachbarländern nach wie vor die Dreckschleudern auf unseren Straßen fahren würden. Für Ertug standen aber nicht nur die Umweltbelastungen, sondern vor allem die Sicherung der Arbeitsplätze im Vordergrund, denn für ein E-Auto benötige man rund 40 Prozent weniger Bauteile wie für herkömmliche Fahrzeuge. Wenn in Deutschland verstärkt E-Mobile gebaut würden, dann hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Zuliefererindustrie und die Arbeitsplätze in dieser für Deutschlands Wirtschaft so wichtigen Branche. "Wir brauchen eine Übersicht über das, was passiert, wenn viele Komponenten für die neuen, umweltfreundlichen Elektro-Autos nicht mehr gebraucht werden", sagte Ertug.

Die Politik müsse sagen, wie man diesen Wegfall ganzer Industriezweige kompensieren könne, lautete seine Forderung. Weiterhin müsse geklärt werden, wo der Strom für E-Autos herkomme, - natürlich aus der Steckdose, aber sicher nicht aus Atom- oder Kohlekraftwerken, betonte der Politiker aus der Oberpfalz. Ein weiteres, ungelöstes Problem sei die Speicherung des Stroms und dann die Frage, wie die Autobatterien entsorgt werden könnten. Trotz dieser Probleme, deren Lösungen noch viel Zeit bräuchten, sei er überzeugt davon, dass in fünf Jahren deutlich mehr E-Autos oder Gasautos fahren würden.

Ertugs Ausführungen waren einigen Zuhörern zu unkonkret. "Unsere Gesellschaft rudert in Sachen Umweltbelastungen durch den Individualverkehr wie auf einem Fluss dem Wasserfall entgegen", sagte ein Zuhörer. Jetzt könne man gerade noch umkehren, aber dafür fehlten die Konzepte. Man brauche keinen Masterplan, sondern müsse handeln. Es müsse viel mehr dafür getan werden, damit Verkehr vermieden und die Menschen zu Fuß oder mit Fahrrad Wege zurücklegten, war weiter zu hören. Ein anderer Zuhörer fügte an, "der Massenverkehr in den Großstädten ist in die chaotische Phase eingetreten". Was habe die SPD, die ja in der Regierungsverantwortung stehe, dagegen getan? Darauf antwortete der Verkehrsexperte Ismail Ertug, dass in einer Demokratie eben nur das umgesetzt werden könne, was die Mehrheit wolle.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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