Lufthansa-Manager Thomas Klühr:"Wir brauchen die dritte Bahn"

Thomas Klühr will die Dritte Startbahn um jeden Preis. Der Lufthansa-Manager erklärt, wie der Konzern um die Stimmen der Münchner kämpfen will - und warum in Deutschland derzeit nur die drei Vs gelten.

Ulrich Schäfer und Marco Völklein

Thomas Klühr verantwortet die Lufthansa-Aktivitäten am Drehkreuz München. Zusammen mit Flughafen-Chef Michael Kerkloh wirbt er immer wieder für den Bau der geplanten dritten Start- und Landebahn im Erdinger Moos.

Flugzeuge am Münchner Flughafen, 2010

In Zukunft will die Lufthansa mindestens zehn weitere Langstreckenjets in München stationieren.

(Foto: lok)

SZ: Herr Klühr, wenn die Grünen Sie demnächst in der Fußgängerzone ansprechen und um eine Unterschrift bitten - werden Sie beim Bürgerbegehren gegen die dritte Startbahn unterschreiben?

Thomas Klühr: Ich sehe das Bürgerbegehren mit gemischten Gefühlen. Wenn es wirklich um Bürgerbeteiligung gehen würde, dann müsste man die bayerischen Bürger und damit natürlich auch die Freisinger und Erdinger befragen. Hinzu kommt, dass die Initiatoren zum Teil sagen, dass sie das Votum nur akzeptieren, wenn es in ihrem Sinne entschieden wird. So kann man das nicht angehen.

Befürchten Sie eine Ablehnung?

Nein, ich bin zuversichtlich. Es hängt aber stark davon ab, wem es gelingt, die meisten Anhänger zu mobilisieren. Die Ausbaugegner werden sich vermutlich stark engagieren. Aber auch wir werden alles daran setzen, dass diejenigen, die für den Bau der dritten Startbahn sind, zu der Abstimmung gehen.

Was planen Sie konkret?

Wir werden zusammen mit der bayerischen Wirtschaft alle Argumente, die für die dritte Start- und Landebahn sprechen, an die Münchner herantragen. Alle Gründe kommen auf den Tisch.

Wie viel Geld werden Sie da ausgeben?

Wir stehen noch am Anfang. Wichtig wird sein, den Emotionen im Umland sachliche Argumente entgegenzustellen. Bei allem Verständnis für die Emotionalität muss ein Grundrespekt gegenüber der anderen Seite gegeben sein.

Die Lufthansa will für das Jahr 2012 Frequenzen reduzieren, Verbindungen streichen, kleinere Jets einsetzen - alles wegen der sich abzeichnenden konjunkturellen Krise. Da benötigen Sie doch keine dritte Startbahn?

Wir brauchen die Bahn, ganz klar. Wir reden in diesem Zusammenhang ja nicht über einen Bedarf für das Jahr 2012, sondern für die Jahre 2015, 2020 und 2025. Und in dieser Zeit wird der Luftverkehr zunehmen. Tatsächlich erwarten wir für 2012 ein schwieriges Jahr. Aber mittel- bis langfristig werden neue Verkehre hinzukommen. Der chinesische Markt wird wachsen, Osteuropa ist zum Teil gar nicht erschlossen. Ganz oben auf unserer Liste für das Drehkreuz München stehen beispielsweise neue Langstreckenverbindungen, zum Beispiel nach Mexiko.

Wer will denn nach Mexiko?

Automobilhersteller, Maschinenbauer, Zulieferer - die signalisieren uns ganz deutlich, dass es eine hohe Nachfrage aus Bayern für einen Direktflug gibt. Aber natürlich werden auch umsteigende Gäste aus Deutschland und Europa diesen Dienst nutzen. Die Bündelung von Verkehren ist unter ökonomischen wie ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll. Das gilt übrigens nicht nur für Langstreckenziele, sondern auch für Europaverbindungen. Zum Beispiel nutzen den Direktflug nach Barcelona auch Kunden aus Nürnberg und Stuttgart.

Ökologisch sinnvoll wäre es, die auf der Schiene nach München zu bringen.

Stimmt. Ein Flug München-Stuttgart ist wirtschaftlich schwer darstellbar. Diese Flüge würden wir lieber heute als morgen auf die Schiene verlagern. Das Problem ist nur: Von Stuttgart kommt man relativ rasch zum Münchner Hauptbahnhof. Aber dann tuckern Sie 45 Minuten mit der S-Bahn zum Flughafen.

Man braucht also eine bessere Anbindung des Flughafens?

Natürlich. Aber die Frage ist: Lassen sich Infrastrukturprojekte noch durchsetzen? Für die Luftfahrtbranche habe ich den Eindruck, gelten in Deutschland derzeit die drei Vs: verhindern, verbieten, verzichten. Wir müssen aufpassen, dass Deutschland nicht abgehängt wird.

Was planen Sie, damit München nicht abgehängt wird?

Wir wollen und werden wachsen. Am Drehkreuz München betreiben wir derzeit 25 Langstreckenflugzeuge und wollen in fünf bis sieben Jahren auf 35 bis 40 Langstreckenjets gehen. Jede Langstreckenmaschine schafft allein bei der Lufthansa 150 neue Jobs, bei Dienstleistern, etwa auf dem Vorfeld, entstehen weitere 250. Außerdem haben wir derzeit noch knapp 100 Mittelstrecken- und Regionalflugzeuge, die Kleinsten haben 70 Sitzplätze. Diese werden schrittweise durch größeres Fluggerät mit mehr als 100 Sitzen ersetzt. Damit erfüllen wir übrigens auch eine Forderung der Ausbaugegner. Aber alleine damit können Sie den künftigen Bedarf nicht decken. Wir brauchen die dritte Startbahn.

Und wann startet der Super-Airbus A 380 in München im Linienbetrieb?

Unsere größte Langstreckenmaschine, die A 340-600, bietet 306 Sitze, die A 380 hat 526. Das ist ein riesiger Sprung - der Weg dorthin dauert noch ein bisschen. In vier, fünf Jahren könnte es so weit sein.

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