Schlachtung beim Tagwerk:Eine Frage des Umgangs

Die Biometzgerei in Niederhummel ist gut angelaufen. Die Kunden haben das Gefühl, dass sie dort mit gutem Gewissen einkaufen können. Große Fenster gewähren Einblicke in alle Produktionsschritte.

Von Gudrun Regelein, Langenbach

Anfang Juli hat die Tagwerk-Biometzgerei mit einem großen Fest Eröffnung gefeiert. Damals gab es Weißwürste - die ersten aus eigener Herstellung. Gut zwei Monate später stapeln sich in der Frischetheke des kleinen Hofladens in Niederhummel verschiedene Sorten Wurst und Fleisch. Salami, Schinken, Aufschnitt und Leberwurst liegen neben Gulasch, Lende und Geflügel. Die Produkte kann man aber nicht nur in dem Hofladen, sondern auch in den Tagwerk-Geschäften kaufen oder sie werden in der Öko-Kiste nach Hause geliefert.

"Es läuft gut", sagt Metzgermeister Bernhard Renner, der neben dem Landwirt Lorenz Kratzer und der Tagwerk-Genossenschaft einer der drei Geschäftsführer der Biometzgerei ist. Ein bisschen sei er selber überrascht, dass sich das Projekt von Anfang an zu einer solchen Erfolgsgeschichte entwickelt habe, sagt er.

Der Geschäftsführer

Bernhard Renner kommt in blütenweißer Kleidung aus der Biometzgerei. Er hat nicht viel Zeit, denn Montag ist Schlachttag. Seit fünf Uhr morgens ist er bei der Arbeit. Zehn Schweine und drei Rinder wurden an diesem Tag geschlachtet. Zehn bis 15 Schweine und drei bis sechs Rinder seien die durchschnittliche Wochenmenge, mehr wolle man derzeit nicht produzieren. Das Fleisch werde sehr gut verkauft, erzählt er. "Es wird wieder mehr gekocht, es ist gefragt, mit tollen Produkten zu arbeiten und diese zu präsentieren."

Schlachtung beim Tagwerk: Fleischereifachverkäuferin Simone Buron kann in der Tagwerk-Metzgerei ihren Kunden ein breites Sortiment an Wurst und Fleisch anbieten.

Fleischereifachverkäuferin Simone Buron kann in der Tagwerk-Metzgerei ihren Kunden ein breites Sortiment an Wurst und Fleisch anbieten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Tagwerk-Biometzgerei habe ganz unterschiedliche Kunden: Neben vielen jungen Familien sind es Verbraucher, die sich schon immer Gedanken über ihre Ernährung und über die Produktion gemacht haben. Bio-Anhänger und solche, die diese Produkte einmal ausprobieren möchten. Daneben auch Allergiker, die genau wissen wollen, welche Zusatzstoffe verwendet werden. Aber auch die "ältere Herrschaften". Alle aber kämen, weil sie Vertrauen haben. "Sie sagen, dass sie viel erzählt bekommen. Sie aber wollen es sehen und das können sie bei uns. Wir verstecken uns vor nichts", betont Renner. Transparenz sei ihm wichtig.

Das Konzept

Einen Einblick in alle Produktionsschritte haben Kunden und Besucher in der gläsernen Metzgerei. Überall sind große Fenster, durch die man Renner und seine Mitarbeiter beobachten kann. An der Hauswand angebrachte Tafeln informieren über die Herkunft, die Schlachtung und die Verarbeitung. Das Konzept, sagt Bernhard Renner, habe "voll durchgeschlagen". Man sei glücklich und zufrieden. "Aber wir haben auch eine Riesen-Hausnummer in unsere Biometzgerei investiert." Gut drei Millionen Euro wurden in den Neubau gesteckt; darunter Darlehen von Genossenschaftsmitgliedern und Geld aus dem EU-Leader-Projekt. Neben Renner sorgen neun Angestellte - Metzger und Verkäufer - für einen reibungslosen Ablauf.

Schlachtung beim Tagwerk: Bernhard Renner betreibt die Biometzgerei in Niederhummel.

Bernhard Renner betreibt die Biometzgerei in Niederhummel.

(Foto: Marco Einfeldt)

Oberstes Ziel in der eigenen Biometzgerei sei eine möglichst stressfreie und tiergerechte Schlachtung. Die ausgewählten Rinder und Schweine von regionalen Tagwerk-Bauern haben eine kurze Anfahrt, ihre letzten Tage verbringen sie im Stall und können sich akklimatisieren. "Die Tiere sind Teil des Hofkreislaufes." Ein würdiger Umgang, die artgerechte Haltung und eine tiergerechte Schlachtung gehörten dazu, sagt Renner. Ganz früh am Morgen werden die Tiere in eine enge Box gelockt, fixiert und betäubt - und dann mit einem Stich getötet.

Der Laden

Ein aus Holz geschnitzter Rinderkopf steht neben dem Eingang zum Hofladen. Innen ist es noch ruhig an diesem frühen Montagvormittag. "Normalerweise ist um diese Uhrzeit schon richtig viel los", sagt Johann Kristic vom Tagwerk-Laden. Hier finden sich nicht nur zahlreiche Wurstsorten und Fleischstücke, sondern es gibt auch eine Wärmetheke mit Leberkäs und Rippchen. In Wandregalen stehen viele andere Produkte aus dem Tagwerk-Sortiment, wie Nudeln, Pesto, Säfte, Eier, Käse und Milch. Den Kunden sei die Beratung sehr wichtig, sagt Kristic. "Der Großteil will es genau wissen. Die Leute fragen nach Zusatzstoffen, wie die Wurst produziert wird, wo die Farbe herkommt." Kompetentes Fachpersonal sei sehr wichtig, denn "die Kunden zahlen ja auch gutes Geld." Gerade im Bio-Bereich kaufe das Klientel ganz gezielt ein gewünschtes Produkt: "Der Preis interessiert dabei nicht."

Die Kundin

"Gibt es heute die längliche Chili-Wurst ?", fragt die Kundin - und nimmt dann gleich einige der Würstchen mit. Sie selber sei Vegetarierin, sie besorge für ihren Mann und ihren Sohn Fleisch und Wurst. Immer am Montag erledige sie hier einen Großeinkauf, der dann für die ganze Woche langen muss. In der Tagwerk-Biometzgerei kaufe sie "wegen der Tiere" ein. Hier habe sie ein gutes Gewissen.

Die Zukunft

Die Biometzgerei habe Potenzial, sagt Geschäftsführer Bernhard Renner: Mittlerweile sei sie ein zertifizierter Bio-Betrieb und könne überall hin liefern. Viel will er über die weiteren Pläne nicht verraten, nur: "Wir stehen mit einigen Kunden in Verbindung. Die Frage ist, wer am besten zu uns passt." Diesen Kunden wolle man zukünftig mit einer größeren Menge beliefern. Am Konzept werde sich aber nichts verändern. Dennoch wird bei wöchentlichen Treffen diskutiert, wie man noch professioneller, noch effizienter werden könne. "Uns geht es gut, aber wir können uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen", sagt Renner.

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