Langenbach:Aschermittwoch ohne Klamauk

Langenbach: Ohne derbe Sprüche und Attacken auf die politischen Gegner sind die Genossen des SPD-Kreisverbandes bei ihrem Fischessen in Langenbach ausgekommen.

Ohne derbe Sprüche und Attacken auf die politischen Gegner sind die Genossen des SPD-Kreisverbandes bei ihrem Fischessen in Langenbach ausgekommen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Kreisverband der SPD trifft sich im Gegensatz zu anderen Parteien und Gruppierungen zu einem politischen Fischessen. Die Atmosphäre ist familiär, die Reden bleiben angesichts der Zugkatastrophe in Bad Aibling moderat

Von Karlheinz Jessensky, Langenbach

Spektakel, Rauch, Pulverdampf - das gehört nach allgemeiner Einschätzung zu einem Politischen Aschermittwoch, wie er alljährlich in den Hochburgen um Passau und Vilshofen inszeniert und zelebriert wird. Heuer hat sich angesichts der Bahnkatastrophe von Bad Aibling nach Ansicht aller politischen Parteien das Spektakel verboten. "Mit Würde und Stil" wollte die Landkreis-SPD ihren Politischen Aschermittwoch aber dennoch durchführen. Das als "Fischessen" bezeichnete Ereignis beim Alten Wirt in Langenbach ähnelte letztlich mehr einem sehr gut besuchten Familientreffen der Landkreis-Genossen.

Pulverdampf war auch in den vergangenen Jahren in Langenbach nicht aufgestiegen, und so hatte SPD-Kreisvorsitzender Peter Warlimont keine Bedenken, den Termin nicht ausfallen zu lassen. Von der Freisinger SZ auf die Empfehlung des SPD-Landesvorsitzenden Florian Pronold an die Parteigliederungen angesprochen, dem Beispiel des Landesverbandes zu folgen und auf den Schlagabtausch der Parteien zu verzichten, meinte Warlimont, mit Würde und Stil lasse sich das schon machen. "Für uns ist das auch eine Gelegenheit, dass man sich trifft, beieinander ist und politische Meinung äußert." Man habe im Kreisverband sehr wohl abgewogen, "bei uns ist der Rahmen ein anderer". In Vilshofen marschiere die Blasmusik, "da ist Humbatäterä und Gaudi", sagte Warlimont. "Wir sind von Haus aus Leute, die sich nicht als Haudraufs inszenieren."

Gut gebrüllt Löwe - Warlimonts Rede hätte denn sehr gut an jedem anderen Tag des Jahres gehalten werden können. Er war hörbar bemüht, nicht als Redner, sondern mehr als Schnellleser aufzutreten. Man hörte entspannt die weltpolitische Einschätzung, gelegentlich unterbrochen von einem "Einmal Fischfilet gebacken". Lärm und Fröhlichkeit drang aus der Gaststube, insbesondere Warlimonts Nachredner Andreas Mehltretter betätigte sich fleißig als Türschließer hinter der unermüdlichen Bedienungskraft. Insofern kam durchaus so etwas wie politische Aschermittwochsstimmung auf.

Warlimont kam über die "drängendste Frage", wie denn Frieden zu schaffen sei in Europa und der Welt zu Deutschland als Einwanderungsland: Die Flüchtlingsthematik sei bereits vor zehn Jahren absehbar gewesen, sagte er. Nun sei es wohltuend zu sehen, dass die deutsche Gesellschaft mit großer Hilfsbereitschaft reagiert habe und die immer wieder vorkommenden Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte nicht der allgemeinen Stimmung entspringen würden. Aufnahme und Integration seien zu schaffen. Wenn allerdings die Zuwanderungszahlen im bisherigen Umfang hoch blieben, könne dieses Ziel in Frage gestellt sein. Man hört dies allenthalben, nicht nur aus Langenbach.

Lokalpolitisch sei die Notwendigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, unter allen Kreispolitikern unbestritten. Allein - "Worte sind schön, aber Hühner legen Eier" laute ein afrikanisches Sprichwort. Andreas Mehltretter wurde bei diesem Thema noch deutlicher: Es sei kurzsichtig und höchst verantwortungslos von CSU-Landrat Josef Hauner, wenn dieser behaupte, sozialer Wohnungsbau sei nichts, womit sich der Landkreis in irgendeiner Weise beschäftigen müsse.

Generell war auch der Juso-Chef, von Amts wegen verpflichtet, in allen Wertungen eins mehr drauf zu geben als die Mutterpartei, hörbar bemüht, "Stil und Form" zu wahren. "Das bedeutet für mich, dass ich viel von dem, was ich heute loswerden wollte, nicht äußern werde." Wie eine Wertung zu Ministerpräsident Seehofers Äußerung von der "Herrschaft des Unrechts" zu geben. Durch die Selbstzensur Mehltretters gingen aber Feststellungen wie, er mache sich keine großen Sorgen, dass es gelingen werde, "Hunderttausende Flüchtlinge" zu integrieren. Und Fremdenfeindlichkeit habe auch Ursachen, die originär nicht viel mit Ausländerhass zu tun hätten. Sondern mit einer Gesellschaft, in der das reichste Prozent der Bevölkerung über ein Drittel des gesamten Vermögens verfüge. Wer jetzt Verteilungskämpfe zwischen Flüchtlingen und Einheimischen aufmache, der zündle mit dem Feuer und spiele der AfD in die Hände.

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