Missbrauch:Klärungsbedarf beim Führungszeugnis

Das Landratsamt meldet einen schleppenden Rücklauf der Unterlagen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch in Vereinen und Jugendorganisationen. Dort herrscht vielerorts noch Ratlosigkeit.

Von Katharina Aurich und Christoph Dorner, Landkreis

Um Kinder und Jugendliche in Vereinen, Jugendorganisationen und Kirchen besser gegen sexuellen Missbrauch zu schützen, hat der Bund 2012 ein Gesetz verabschiedet. Es sieht vor, dass Jugendbetreuer verpflichtet werden, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Die Regelung hatte auch im Landkreis Freising für Proteste gesorgt, nun wird sie dennoch umgesetzt - allerdings ist der Rücklauf seitens der Vereine eher schleppend.

Federführend ist das Amt für Jugend und Familie des Landratsamts. Die Behörde will mit allen Vereinen und Institutionen im Landkreis eine Kooperationsvereinbarung zur Umsetzung des Schutzauftrages schließen. Darin verpflichtet sich der Verein, nur Betreuer einzusetzen, von denen er sich zu Beginn ein Führungszeugnis hat zeigen lassen. 800 Verträge seien im Dezember an alle freien Träger der Jugendarbeit versandt worden, sagt Eva Dörpinghaus, Sprecherin des Landratsamtes. Bislang hätten jedoch erst etwa 100 Vereine die Vereinbarung unterschrieben eingereicht. Fragt man bei Vereinen und Jugendorganisationen im Landkreis wegen des Führungszeugnisses nach, herrscht vielerorts noch Aufklärungsbedarf.

"Unsere Aktiven sind nicht begeistert", sagt Christoph Marschoun, Vorsitzender der Sportgemeinschaft Moosburg. "Wir haben unsere Übungsleiter informiert. Sie sollen das Zeugnis bei der Stadt beantragen. Bei manchen Mitgliedern müssen wir noch Überzeugungsarbeit leisten." Denn einige Betreuer fühlten sich durch das Führungszeugnis gegängelt. Marschoun selbst hält das Vorgehen für sinnvoll. Denn es sei wichtig, Standards beim Jugendschutz zu setzen.

Beim Verein für Rasenspiele in Haag habe man das Schreiben des Landratsamtes lediglich zur Kenntnis genommen, sagen die Vorsitzenden Helmut Leitl und Christian Drausnick. Sie seien mit den Anträgen für Zuschüsse zum Bau eines neuen Sportheims beschäftigt. Das habe zur Zeit eine höhere Priorität.

Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Freising wird noch über das genaue Vorgehen diskutiert. "Uns ist nicht klar, wer es alles beantragen muss," sagt Sprecher Florian Wöhrl. Unstrittig sei, dass alle Jugendwarte und ihre Stellvertreter das Zeugnis benötigten. Es gebe allerdings auch Ehrenamtliche, die nur sporadisch in der Ausbildung mithelfen würden. Mit der Stadt Freising, dem Dienstherren der Feuerwehr, werde nun zunächst geklärt, wer das Zeugnis überhaupt vorlegen müsse, so Wöhrl. In der Geschäftsstelle des Freisinger Turn- und Sportvereins Jahn ist von der neuen Regelung gar nichts bekannt.

Die Verwaltungsgemeinschaft Zolling (VG) unterstützt die Vereine im Umgang mit dem erweiterten Führungszeugnis. "Uns ist wichtig, dass jeder Antragsteller beeinflussen kann, was mit seinen Daten geschieht", sagt Elena Völz, Leiterin des Sachgebiets Öffentliche Sicherheit und Ordnung. In Zolling hat man sich auf ein Verfahren geeignet, bei dem zunächst die Vereinsvorsitzenden Listen mit Namen der Mitglieder, die Kinder und Jugendlichen betreuen, in der Verwaltung abgeben. Dort werden die Führungszeugnisse zentral beantragt und zu den Betreuern nach Hause geschickt. Diese müssen ihr Zeugnis schließlich dem Vereinsvorstand vorlegen, der für die Kontrolle verantwortlich ist.

Dabei könnte ein Vorsitzender jedoch auch weitere sensible Daten einsehen, etwa ein Fahrverbot wegen Alkohols am Steuer. Möchte der Jugendbetreuer dies verhindern, kann er sein Zeugnis deshalb auch in der Verwaltung vorzeigen. Dann erhält er eine Bescheinigung, dass nichts gegen eine Arbeit mit Jugendlichen spreche.

Natürlich sei dieses Verfahren aufwendig, sagt Völz, aber man müsse den Ehrenamtlichen Datensicherheit garantieren. Über die VG Zolling wurden bislang etwa 80 erweiterte Führungszeugnisse beantragt. In Relation zum regen Vereinsleben in der Gemeinde sei das noch recht wenig, so Völz. Aber der Rücklauf der Namenslisten laufe gerade erst an. Immer wieder erhalte sie Nachfragen von den Vereinen, was zu tun sei, sagt Völz.

In der Stadt Freising muss jedes Vereinsmitglied, das mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, eigens im Bürgerbüro einen Antrag für ein Führungszeugnis stellen. Die Zahl der Antragsteller habe sich im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat aufgrund der neuen Bestimmung mehr als verdoppelt, sagt Michael Eberwein, Leiter des Bürgerbüros. Die 75 Antragsteller konnten während des normalen Schalterbetriebs betreut werden. Wenn die Anträge weiter zunehmen, "dann müssen wir reagieren", sagt Eberwein.

Das Amt für Jugend und Familie wolle den Monat Februar abwarten und dann bei Vereinen und Jugendorganisationen nachhaken, von denen bis dahin keine unterschriebene Kooperationsvereinbarung vorliege, sagt Eva Dörpinghaus. Fehlten die Unterlagen, könne schlimmstenfalls Fördergeld gestrichen werden.

Fragen zum erweiterten Führungszeugnis beantwortet das Amt für Jugend und Familie: 0 81 61/60 02 27.

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