Landkreis Freising:Extrem gefordert

Überlastete Mitarbeiter und steigende Kosten für die Betreuung von Asylbewerbern bereiten Kommunalpolitikern zunehmend Sorgen. Besonders schwierig ist die Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge

Von Petra Schnirch, Freising

Für den Landkreis ist es keine leichte Aufgabe, immer neue Quartiere für die wachsende Zahl an Asylbewerbern bereitzustellen. Die Mitarbeiter im Landratsamt sind extrem gefordert, auch die Kosten für die Betreuung der Flüchtlinge steigen - alles Themen, die viele Kommunalpolitiker umtreiben. Die SPD hat Landrat Josef Hauner in dieser Woche einen vierseitigen Fragenkatalog zukommen lassen. Und Kreis- und Bezirksrat Rainer Schneider appellierte am Mittwochabend bei der Kreisversammlung der Freien Wähler an den Freistaat, Bezirke und Landkreise nicht mit den Ausgaben für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge allein zu lassen.

Dafür wende der Bezirk Oberbayern in diesem Jahr etwa 130 Millionen Euro auf, so Schneider. Für 2016 lasse sich die Summe noch nicht abschätzen. Sie werde zwischen 60 und 120 Millionen liegen, glaubt er, im Haushalt eingeplant seien neun Millionen. Werde der Bezirk nicht entsprechend ausgestattet, müsste dieser seine Rücklagen angreifen. Dies sei aber höchstens einmal möglich. Zwar habe der Ministerpräsident zugesagt, dass die Ausgaben für die minderjährigen Flüchtlinge erstattet würden. Finanzminister Markus Söder stimme jedoch andere Töne an. Doch eine Sprecherin des Sozialministeriums gibt Entwarnung und verweist auf eine Verfahrensänderung zum 1. November: Zwar blieben die Bezirke in Bayern Kostenträger, doch die Ausgaben für die unbegleiteten Minderjährigen würden jetzt vom Freistaat - über die Regierungen - ersetzt.

Mit den Aufgaben steigt auch der Personalbedarf. Nach ersten Vorgesprächen für den Landkreis-Etat 2016 sind etwa 50 neue Stellen vorgesehen, 20 bis 25 davon für die Flüchtlingsbetreuung. Schon in diesem Sommer waren im Nachtragshaushalt 21 zusätzliche Stellen bewilligt worden, etwa für Sozialpädagogen, Sachbearbeiter und Hausmeister. Gerade Sozialpädagogen und Mitarbeiter für die Verwaltung aber seien schwer zu finden, sagt Eva Dörpinghaus, Sprecherin des Landratsamts.

Eine Überlastung der Mitarbeiter in der Behörde befürchtet die SPD-Kreistagsfraktion. Sie will von Landrat Hauner beispielsweise wissen, wie sichergestellt werden könne, dass die zusätzlichen Stellen besetzt werden können.

Diskussionsstoff liefert auch die Security-Regelung an den Unterkünften. Die Grünen hatten dazu bereits eine Anfrage in der Kreistagssitzung gestellt. Auch die SPD hakt nach, warum der Sicherheitsdienst am Stein-Park abgezogen wurde und ob dies auch an anderen Standorten bevorstehe. Die Regierung von Oberbayern finanziert Sicherheitspersonal vor Gemeinschaftsunterkünften nur in den ersten Wochen, bis sich die Abläufe eingespielt haben. Am Stein-Park waren dafür laut Dörpinghaus vier Wochen vorgesehen. Wie lange Security-Mitarbeiter am Container-Dorf neben dem Camerloher-Gymnasium eingesetzt werden, sei noch offen.

Ein ganz anderes Problem sprach bei der Kreisversammlung der Freien Wähler Brigitte Niedermeier an. Die ehemalige Attenkirchener Bürgermeisterin leitet den dortigen Helferkreis. Sie ärgert sich regelmäßig, wenn es heißt, dass Asylverfahren im Schnitt etwa fünf Monate dauerten. Die Asylbewerber in Attenkirchen, überwiegend Nigerianer, warteten schon seit 14 Monaten auf ihre Anhörung.

Besonders schwierig ist nach Angaben des Freisinger Helferkreises die Situation der etwa 70 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die in der Turnhalle an der Wippenhauser Straße untergebracht sind. "Die Jugendlichen sind sehr frustriert", heißt es von Seiten des Arbeitskreises. Für sie gebe es kaum Beschäftigungsmöglichkeiten. "Das Novemberwetter drückt die Stimmung zusätzlich." Die ehrenamtlichen Helfer versuchen deshalb, ein Sportprogramm auf die Beine zu stellen, um die Jugendlichen auf andere Gedanken zu bringen. Unterstützung bekommen sie von mehreren Vereinen: Der BC Attaching bietet zweimal in der Woche ein Fußballtraining an, Vereinsmitglieder spendeten Fußballschuhe. Beim TSV Neufahrn können die Jugendlichen am Trampolin-Training teilnehmen. Auch am Dom-Gymnasium können sie mit Schülern und Lehrern Fußball spielen. Der Arbeitskreis hofft nun, dass sich noch mehr Vereine, Schulen und ehrenamtliche Helfer melden, da die Angebote nicht für alle ausreichten.

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