Debatte um Essensausgabe:Drei Tafeln, zwei Lösungen

Debatte um Essensausgabe: Eine Verdrängung ihrer "Stammkundschaft" durch Flüchtlinge können die Tafeln im Landkreis nicht feststellen.

Eine Verdrängung ihrer "Stammkundschaft" durch Flüchtlinge können die Tafeln im Landkreis nicht feststellen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Im Landkreis wird der Umgang mit Flüchtlingen bei der Ausgabe der Spenden unterschiedlich gehandhabt. Freising hat einen zusätzlichen Tag eingeführt, in Hallbergmoos und Moosburg werden nur Anerkannte bedient.

Von Gudrun Regelein, Landkreis

In den vergangenen Tagen ist über die Essener Tafel ein Proteststurm hereingebrochen. Grund war deren Entscheidung, neue Berechtigungskarten vorläufig nur noch an Bedürftige mit deutschem Pass auszuteilen. Die für die Tafeln im Landkreis Zuständigen sehen zwar die Not der Essener - dennoch wird auch hier der Aufnahmestopp eher kritisch bewertet. Die Essener hatten diesen damit begründet, dass wegen des hohen Ausländeranteil von etwa 75 Prozent in der Warteschlange viele ältere Bedürftige und Alleinerziehende nicht mehr gekommen seien - sie hatten sich wegen des heftigen Gedrängels und Geschubses bedrängt gefühlt.

"Ganz ehrlich: Mir tun die Essener Helfer leid - und die Tafelleitung", sagt Peter Bach, der Vorsitzende der Tafel Freising. "Sie haben ihr Problem sicher nicht glücklich kommuniziert. Aber die Reaktion ist dennoch vollkommen unberechtigt." Er selber wisse nicht, wie er in der gleichen Situation reagiert hätte, sagt er offen. Auch bei der Tafel in Freising sei die Ausgabe an alleinstehende Flüchtlinge für einige Monate eingestellt worden - seit Oktober werden aber auch diese wieder als Kunden angenommen. Grund für den zwischenzeitlichen Ausgabestopp sei die stark gestiegene Kundenzahl gewesen - und die Befürchtung, bei einem weiteren Anstieg nicht mehr alle mit Ware versorgen zu können. Grundsätzlich aber, so betont Bach, seien auch Flüchtlinge als Kunden willkommen. "Unser Grundsatz ist, ausnahmslos alle Bedürftigen zu versorgen."

In Hallbergmoos werden Asylbewerber von der Tafel nicht versorgt

Als die Zahl der Bedürftigen durch die Flüchtlingswelle nach oben schnellte, hat man sich entschieden, einen zweiten Ausgabetag einzuführen. An diesem gebe es auch ein anderes Angebot, eines ohne Schweinefleisch. Überwiegend Flüchtlinge kämen an diesem Tag, darunter viele Muslime, berichtet Bach. Derzeit kommen wöchentlich zwischen 220 und 230 Abholer; knapp die Hälfte von ihnen sind Asylbewerber, berichtet Bach.

Bei der Tafel Hallbergmoos hat man sich entschieden, Asylbewerber nicht zu versorgen. "Einfach aus dem Grund, da diese vom Staat unterstützt werden und ein zusätzliches Essensgeld bekommen", sagt Tanja Voges. Sie sei anfangs für diese Entscheidung kritisiert worden, erzählt Voges. "Aber wir haben es durchgezogen und wir fahren gut damit." Anerkannte Flüchtlinge aber, die nachweisen, dass sie bedürftig sind, würden sehr wohl die Tafel besuchen können. In Hallbergmoos kommen jede Woche zwischen 350 und 370 Kunden; etwa 35 Prozent sind Flüchtlinge.

Nur noch deutsche Bedürftige zu unterstützen findet Tanja Voges "gründlich daneben"

Dass die Essener Tafel von der Situation überfordert sei, könne sie verstehen, sagt Voges. "Aber ich finde die Argumentation fürchterlich." Nur noch deutsche Bedürftige zu unterstützen, sei "gründlich daneben". Grundsatz der Tafel sei, allen Bedürftigen zu helfen - der Essener Beschluss werfe nun ein falsches Bild auf alle Tafeln. Die Entscheidung der Essener Tafel sieht Voges aber auch als Hilferuf an die Politik: Die Ehrenamtlichen fühlten sich überfordert. Auch die Tafel Hallbergmoos bräuchte, wie viele andere Tafeln, mehr Unterstützung, sagt Voges. "Das Problem muss von Seiten der Politik dringend angegangen werden."

Es gebe eine immer größere Zahl an bedürftigen Menschen, häufig aber nicht mehr, sondern sogar weniger gespendete Ware, schildert Günter Miß, der stellvertretende Kreisgeschäftsführer der Caritas, die Situation. "Ich kann die Not der Tafeln verstehen", sagt er. Für die umstrittene Entscheidung der Essener Tafelleitung aber fehle ihm dennoch eine "objektiv nachzuvollziehende Begründung". Aber auch die Moosburger Tafel, für die die Caritas-Außenstelle Moosburg die Ausweise erstellt, sei an ihre Grenzen gestoßen, berichtet er. Dort seien ebenfalls viele Ausländer Kunden, aber: "Derzeit können wir keine Menschen im laufenden Asylverfahren unterstützen - die Ware reicht nicht aus", sagt Miß.

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