Landgericht verkündet Urteil:"Denkzettel" nach Betrügereien

Ehemaliger Autoverkäufer, der seine Gläubiger um 375 000 Euro geprellt hat, kommt um eine Gefängnisstrafe nicht herum. Bisher hat er nur einen kleinen Teil des Schadens beglichen

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Seine Hoffnung, vielleicht doch um eine Gefängnisstrafe herum zu kommen, hat sich nicht erfüllt. Der frühere Verkäufer eines Freisinger Autohauses, der in den Jahren 2012 und 2013 mehrere 100 000 Euro von rund einem Dutzend Gläubigern erhalten hatte, ist vom Landshuter Landgericht am Freitag wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Er hatte behauptet, das Geld in angeblich gewinnbringende Geschäfte mit gebrauchten VW-Bussen und teuren Uhren zu investieren, diese aber nie getätigt.

Der Verteidiger hatte für seinen nicht vorbestraften Mandanten, der bereits fünf Monate in Untersuchungshaft saß, zwei Jahre auf Bewährung beantragt, die Staatsanwältin dagegen eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Die sechste Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Ralph Reiter blieb mit ihrem Urteil deutlich unter dieser Forderung. Allerdings, so Reiter, "muss klar sein, dass eine Strafe in einem bewährungsfähigen Zeitrahmen hier nicht mehr möglich ist". Eine Bewährung kann nur für Haftstrafen bis zu zwei Jahren gewährt werden. Hier aber "braucht der Angeklagte einen Denkzettel".

Von den ursprünglich angeklagten 27 Fällen sind auf Antrag der Staatsanwaltschaft einige ganz oder teilweise weggefallen. Etwa weil der Tatnachweis, auch wegen Erinnerungslücken von Geschädigten, nicht mehr geführt werden konnte und das Verfahren eingestellt wurde. Am Ende blieben, obwohl der Angeklagte einige 10 000 Euro zurückgezahlt hat, 21 Fälle mit einem Gesamtschaden von 375 000 Euro übrig. Zudem hat er in den vergangenen Tagen 7500 Euro aufgebracht, um sie - gestückelt in 500- und 700-Euro-Beträge - auf die Geschädigten zu verteilen und als Täter-Opfer-Ausgleich auszuzahlen.

Der Verteidiger habe wohl "erkannt, dass es fünf vor zwölf ist und mit diesem Täter-Opfer-Ausgleich den Rettungsanker werfen wollen", sagte die Staatsanwältin. Der überwiegende Teil des Schadens sei jedoch nicht beglichen worden. Zudem sei kein großes Bemühen des Angeklagten bezüglich der Wiedergutmachung zu erkennen. Nicht zuletzt deshalb, weil er mehr als drei Jahre lang nichts unternommen habe. Zu Gunsten des Angeklagten könne man dessen Geständnis werten sowie die Tatsache, dass er Teilbeträge zurückgezahlt habe und nicht vorbestraft sei. Allerdings verwies die Staatsanwältin auf die Höhe des Schadens und die Tatsache, dass der Angeklagte nicht davor zurückgeschreckt sei, auch von einer Kollegin aus dem Autohaus Geld zu nehmen und von einem Mann, der extra einen Kredit über 50 000 Euro aufgenommen hatte. Was sie verwunderte, war, "dass von den Geschädigten keiner den Eindruck gemacht hat, dass er geschädigt worden ist". Alle hätten nur Dinge gesagt wie: "Ich hab halt Lehrgeld bezahlt" oder "es war eine Dummheit".

Der Verteidiger verwies darauf, dass während des bereits abgeschlossenen Insolvenzverfahrens gegen den Angeklagten kein Geschädigter Ansprüche geltend gemacht habe. Den Vorwurf der Staatsanwältin, der Angeklagte habe sich nur "leichtgläubige Opfer" ausgesucht, konterte er mit dem Verweis auf einen Mann, "der Kreditberater bei einer Bank ist und das als High-Risk-Geschäft verbucht hat".

Der Richter attestierte einigen Geschädigten "unglaubliche Naivität und Leichtgläubigkeit, aber es waren nicht ausnahmslos willfährige und besonders schützenswerte Opfer, etwa Rentner". Der Angeklagte habe die Betrügereien begangen, weil er Schulden hatte. Woher diese stammen, ist nicht bekannt, "weil er die Karten nicht auf den Tisch gelegt hat".

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