Kranzberg:Vollendete Tatsache

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Trotz des Bürgerprotestes ist der umstrittene Sendemast für den neuen Behördenfunk bei Berg jetzt aufgestellt worden

Petra Schnirch

Der Protest war vergebens: Kranzberger Bürger hatten praktisch in letzter Minute versucht, den Bau eines 44Meter hohen Sendemasts für den digitalen Behördenfunk zu verhindern. Doch am Montag installierten Arbeiter am Ortseingang von Berg die erste Hälfte des schlanken Turms, am Dienstagvormittag folgte die zweite.

Auch der Appell von Bürgermeister Robert Scholz (FWG), die Bauarbeiten auszusetzen, fand kein Gehör. Aufgeben wollen die Tetrafunk-Gegner dennoch nicht - selbst wenn sie in Kranzberg wohl nichts mehr erreichen werden: Am kommenden Mittwoch, 29.Juni, werden sie offiziell eine Bürgerinitiative gründen, aktiv sind sie bereits seit Ende Mai.

Eigentlich hatten die Anwohner gehofft, mit Unterstützung des Bürgermeisters etwas Zeit zu gewinnen, um einen anderen Standort zu suchen, der weiter von der Wohnbebauung entfernt liegt. In Berg sind es etwa 150 Meter bis zum nächsten Wohnhaus. Auch der Verpächter des Grundstücks wäre mit diesem Vorgehen einverstanden gewesen.

Scholz bat deshalb einen Tag nach einer kurzfristig einberufenen Informationsversammlung vor knapp zwei Wochen in einem Brief an das Innenministerium um einen Baustopp. Eine Antwort erhielt er bisher nicht. Es habe ihn schon befremdet, dass der Tetrafunkmast nun einfach hingestellt worden sei, sagt Scholz. Es wäre kein Problem gewesen, die Arbeiten ruhen zu lassen. In den beiden vergangenen Tagen habe er vergeblich versucht, einen Mitarbeiter der im Innenministerium angesiedelten Projektgruppe Diginet telefonisch zu erreichen.

Was Peter Landgrebe aus Berg besonders ärgert, ist die Geheimniskrämerei rund um die Standortsuche in den Gemeinden. Die Bürgermeister waren lange zur Geheimhaltung verpflichtet. "Alles, um die Bürger stillzuhalten", sagt er. Sollte dies so beabsichtigt gewesen sein, ging die Taktik auf:

Als im Landratsamt Anfang März 2011 bekannt gegeben wurde, dass Kranzberg einer der acht Standorte im Landkreis sein werde, nahm davon kaum jemand Notiz. Unter gingen im Januar 2010 und Anfang Mai 2011 auch zwei kurze Mitteilungen des Bürgermeisters in öffentlichen Gemeinderatssitzungen. Verhindern konnten die Gemeinderäte das Vorhaben ohnehin nicht. Erst Ende Mai machten dann in Kranzberg Gerüchte die Runde - die Fundamente für den Mast wurden da bereits betoniert. Innerhalb weniger Tage beriefen Landgrebe und einige Mitstreiter eine "Empörungsversammlung" ein, zu der etwa 180 Bürger kamen. Erst da habe die Gemeinde gemerkt, was für eine Brisanz hinter dem Thema steckt, sagt er.

Dass der Digitalfunk für Polizei und Rettungskräfte trotz heftiger Kritik von vielen Seiten überhaupt eingeführt werde, bezeichnet Landgrebe als "Sauerei" und als Politikum. Noch nie habe er so viel im Internet gelesen wie in den vergangenen drei Wochen. Seine Ablehnung ist dabei eher gewachsen: Anders als der bisherige Analogfunk seien die digitalen Systeme rund um die Uhr aktiv. Außerdem gebe es erhebliche Zweifel an der Technik selbst. "Wir können nur den Finger in die Wunde legen", sagt Landgrebe. Scholz hofft, dass das Innenministerium endlich zu einer Informationsveranstaltung in den Landkreis kommt. "Das hätte längst passieren müssen."

© SZ vom 22.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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