Kommentar:Kluge Entscheidung

Dem eloquenten Verschwörungstheoretiker hätten die Gastgeber einen gleichwertigen Diskutanten gegenüber setzen müssen

Von Christian Gschwendtner

Der streitbare Historiker Daniele Ganser darf nun doch nicht in der Aula im Kardinal-Döpfner-Haus sprechen. Ob der Schweizer dieser verpassten Gelegenheit nachtrauert, ist nicht überliefert. Nach der Absage verschwand der Veranstaltungs-Hinweis jedenfalls recht zügig von seiner Homepage. In Freising wird man dagegen noch länger an dem geplatzten Event zu kauen haben. Die beiden Organisatoren, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und das Bildungswerk Kardinal-Döpfner-Haus, haben sich ein wenig blamiert.

Zwar stellte KAB-Leiter Rainer Forster nach dem Aus noch einmal auf Facebook klar, dass man sich natürlich etwas dabei gedacht habe, als man diese Veranstaltung angesetzt hatte. Offenbar waren diese Gedankenspiele aber nicht sonderlich ausgereift. Sonst hätten beide Organisatoren nicht so überhastet den Rückzug antreten müssen. Dass die Kritik an der Ganser-Veranstaltung am Ende nicht nur aus der "linken Ecke" kam, sondern auch der KAB-Bundesverband Bedenken anmeldete, mag den Entscheidungsprozess beschleunigt haben.

Grundsätzlich gibt es gerade in unruhigen Zeiten wie diesen nichts Wichtigeres, als im Gespräch zu bleiben. Auch mit Verschwörungstheoretikern. Warum die katholischen Veranstalter aber nicht einen ebenbürtigen Diskutanten mit aufs Podium eingeladen haben, bleibt ihr Geheimnis. Das wäre ein Zeichen gewesen, sich wirklich kritisch mit den Thesen des Historikers auseinandersetzen zu wollen. Daniele Ganser gilt als blitzgescheit und rhetorisch brillant. Um ihm Paroli bieten zu können, braucht es mehr als eine gute Absichtserklärung: "Kritische Fragen - eh klar", hatte der KAB-Chef als Devise ausgegeben. Fraglich, ob er damit wirklich krude Ideen hätte entkräften können. So gesehen ist das Veranstaltungs-Aus ein Glücksfall. Es verhindert womöglich eine noch größere Blamage.

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