Kommentar:Flüchtlingshelfer machen zurecht mobil

Warum man die Weisung des Innenministeriusm anzuweifeln darf

Von Alexandra Vettori

Natürlich kann man darüber diskutieren, ob es etwas bringt, Flüchtlingen, die wenig Aussicht darauf haben, in Deutschland bleiben zu dürfen, überhaupt eine Arbeitserlaubnis zu geben. Das Erlernen der deutschen Sprache, Integration, all das scheint da wenig Sinn zu haben. Und weil es nach Ansicht der bayerischen Staatsregierung sinnlos ist, Flüchtlinge ohne Aussicht auf ein Bleiberecht zu integrieren, hat sie, in üblichem Aktionismus, Ende vergangenen Jahres quasi ein Berufsverbot für Asylbewerber aus Afghanistan, Pakistan und Nigeria verhängt.

Darüber kann man nicht nur, darüber muss man diskutieren. Denn die Anerkennungsquote zum Beispiel für Flüchtlinge aus Afghanistan gibt keinen Anlass dafür, sie jetzt von Praktika und Lehrstellen auszuschließen. Die Quote lag, laut Bundesamt für Migration, bundesweit 2016 bei 55,8 Prozent, in Bayern immerhin bei 52,6. Das heißt, mehr als die Hälfte der nach Deutschland geflüchteten Afghanen wird als Flüchtlinge anerkannt oder erhält zumindest ein Bleiberecht, und das nach oft jahrelanger Wartezeit. Die Entscheidung darüber, so hört man immer wieder, dauere so lange, weil das Bundesamt für Migration jeden Einzelfall prüfe.

Dieser Einzelfallentscheidung aber greift die bayerisches Staatsregierung mit ihrer Hoppla-Hopp-Weisung vor. Zeitungen und sozialen Medien sind seither voll mit Geschichten von Flüchtlingen, die sich zu vorbildlichen Arbeitern in ihren Betrieben entwickelt haben und jetzt trotzdem vor dem Aus stehen. Der Sinn der plötzlichen Weisung, von der Unmenschlichkeit einmal abgesehen, darf angezweifelt werden. Denn bestraft werden die, die sich Mühe geben und integrieren möchten. Flüchtlingsbetreuer machen jetzt mobil gegen die staatliche Willkür, und das ist gut so. Denn diesmal sind vom schlecht durchdachten bayerischen Sonderweg Menschen betroffen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: