Kommentar:Die Postbank lässt ihre Mitarbeiter im Stich

Die Schlangen an den Schaltern reichen bis nach draußen, denn Postdienstleistungen sind für die Postbank bloß Nebensache. Die Mitarbeiter stehen unter Druck.

Von Eva Zimmerhof

Schlag Neun gehen die gelben, schwarzen, grauen Vorhanglamellen auf: Die Kunden dürfen eintreten. Ein Postbesuch ist so herrlich retro. Mit einer anderen Erwartungshaltung darf man die Filiale am Bahnhofplatz nicht betreten, sonst wird man beim endlosen Anstehen nervös, ungeduldig, womöglich sauer. Dabei sind die Postbeamten, äh, -mitarbeiter dort so freundlich wie kaum in einem anderen Dienstleistungsunternehmen. Sie grüßen einen mit Namen, auch wenn sie den bloß vom Paketschein ablesen.

Man ist Mensch. Ein Kunde, der nur brüchiges Englisch spricht? Die Mitarbeiter haben ein offenes Ohr, bleiben geduldig und versuchen zu helfen. Aber das Paket abholen ohne Ausweis? Nein, das geht nicht. Vorschrift bleibt Vorschrift. Der Nächste bitte! Der schreckt von seinem Smartphone oder aus der Unterhaltung mit seiner Begleitung auf. Eines von beidem sollte man dabeihaben, wenn man sich in die Schlange einreiht, die morgens, mittags und nachmittags bis zur Tür oder auch hinaus reicht. Klar kann man die Selbstbedienungs-Packstation vor der Tür nutzen, um ein Paket loszuschicken. Man kann sich auch ein Paket dorthin senden lassen, wenn man es nicht zu Hause annehmen kann. Aber was, wenn die Packstation kaputt ist? Oder wenn sich das Paket doch nicht in das Fach quetschen lässt? Fragen bitte an den Kundenservice - digital. Ein Anruf geht auch, inklusive automatischer Ansage. Das trifft nicht unbedingt jeden Kundengeschmack. Doch die Deutsche Post hat keine eigenen Filialen mehr, nur kleine Partneragenturen. Oder eben die Postbank am Bahnhof. Und die denkt gar nicht daran, ihre Mitarbeiter zu entlasten und Personal aufzustocken, nur um Paketretouren anzunehmen. Die Postbank will eben Finanzdienstleistungen verkaufen. Damit will man sich als Kunde aber nicht abfinden und wartet lieber schon um zehn vor neun vor den geschlossenen Lamellen.

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