Kommentar:Die Saat der Hetzer geht auf

Die Anlieger kennen die Menschen nicht, die da in einem halben Jahr neben ihnen in einer Notunterkunft leben werden, und doch ist das Misstrauen groß gegenüber diesen Fremden. Manche tun gar, als käme da ein Trupp Schwerverbrecher angereist

Von Johann Kirchberger

Von der viel gepriesenen Willkommenskultur war am Mittwochabend im Epiphanias-Zentrum in Lerchenfeld nichts zu spüren. Die Anlieger der Katharina-Mair-Straße wollen keine Flüchtlinge, zumindest nicht in ihrer Nachbarschaft. Das machten sie mehr als deutlich. Sie sorgen sich, sie haben Angst, sie fürchten um ihre Sicherheit, um Haus und Hof. Sie kennen die Menschen nicht, die da in einem halben Jahr neben ihnen in einer Notunterkunft leben werden, und doch ist das Misstrauen groß gegenüber diesen Fremden. Manche tun gar, als käme da ein Trupp Schwerverbrecher angereist, die es nur darauf anlegen, Wohnungen zu plündern, Frauen zu vergewaltigen und lautstark zu randalieren.

Mit sachlichen Argumenten scheint man dieser Angst nur schwer beizukommen. Die Saat der Zündler und Hetzer ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Behörden und Polizei wird misstraut. Geglaubt wird Gerüchten, wonach Asylbewerber sich in Freisinger Geschäften teure Winterkleidung, Fahrräder und Smartphones aussuchen könnten und der Landkreis alles bezahle, ihnen sogar eine Flatrate einrichte, um kostenlos in die Heimat telefonieren zu können. Geglaubt wird Behauptungen, dass die Polizei alle Straftaten der Flüchtlinge vertusche. Verglichen werden Asylbewerber mit den Belastungen, die durch Lärm und Dreck von Flughafen und Autobahn entstehen. "Was sollen wir noch alles ertragen?", wurde gefragt.

Weg also mit diesen Menschen, irgendwohin, bloß nicht zu uns. Versicherungen, dass die meisten Flüchtlinge nett, höflich und freundlich seien, dass es mit 95 Prozent der Asylbewerber keine Probleme gäbe, werden nicht zur Kenntnis genommen. Sie passen nicht zu den gefassten Vorurteilen. Dass hier Menschen zu uns kommen, die vor Krieg und Tod geflüchtet sind, die viel auf sich genommen haben, um ihr nacktes Leben zu retten, interessiert nicht.

So wie dieser Abend im Epiphanias-Zentrum gelaufen ist, muss man sich schämen, ein Lerchenfelder zu sein.

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