Ich bin überrascht" - das sind die Worte, die an diesem Abend im überfüllten Rathaus-Sitzungssaal mit Abstand am häufigsten zu hören waren. Die meisten hatten zumindest mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen von vier oder fünf der sieben Kandidaten gerechnet. Am wenigsten verwundern da noch die 20,6 Prozent des Grünen-Bewerbers Sebastian Habermeyer. In diesem Bereich lag die Partei schon bei der Kommunalwahl 2008. Der SPD wiederum gelingt es derzeit auch mit einer engagierten und glaubwürdigen Kandidatin wie Eva Bönig nicht, ihr Freisinger Tief zu überwinden.
Dass es die CSU in der Stadt nicht leicht hat, haben frühere Wahlen gezeigt. Wenn ihr Kandidat dann einerseits betont, dass er im Abwehrkampf gegen eine Startbahn ganz vorne steht, andererseits aber unbedingt einen Plan B in der Tasche haben will, falls doch gebaut wird, dürfte Rudi Schwaiger Stimmen gekostet haben. "Startbahn light" gibt es nicht. Benno Zierer (FW) wiederum musste im Wahlkampf eingestehen, an die Flughafenbetreiber Grund verkauft zu haben - förderlich war das sicher nicht.
Bleibt die Überraschung Eschenbacher: Viele haben ihm viel zugetraut, wenige aber, dass er so weit vorne liegen würde. Angesichts der Stimmungslage in der Stadt als Flughafennachbar hat ihm sein Weggang aus der CSU nicht geschadet, wenngleich sich Eschenbacher beim Thema Startbahn bisher nicht sonderlich exponiert hat. Die Freisinger Mitte, die sich erst vor gut einem halben Jahr gegründet hat, profitiert von ihrem frischen Image, sie steht für Aufbruch. Viele Mitglieder sind in der Kultur-Szene verwurzelt, das dürfte gerade jüngere Wähler angesprochen haben. Angesichts seines deutlichen Vorsprungs ist Eschenbacher nun zwar im Vorteil. Die Wahlbeteiligung von 55,2 Prozent war jedoch nicht berauschend, hier ist noch Spielraum - und so manche Stichwahl endete schon mit einer Überraschung.