Kleinkunstbühne:Unverständliche Geheimnistuerei

Die Entscheidung um das "Abseits" hätte "politischer" nicht sein können. Deshalb müssen sich die Stadträte die Frage gefallen lassen, wieso sie hinter verschlossenen Türen fällt.

Kommentar von Kerstin Vogel

Die Entscheidung, das Abseits-Areal zu kaufen, ist grundsätzlich eine der besten, die der Stadtrat in jüngster Zeit getroffen hat. Denn Freising ist nicht nur das Asamgebäude, Freising ist nicht nur der Domberg - ob mit oder ohne Oktogon. Freising ist auch alternative Kultur - und auch für diese gar nicht so kleine Szene darf die Stadt im Zuge der kommunalen Daseinsvorsorge gerne einmal in die Tasche greifen.

Mit dem deutlichen Votum für den Kauf hat der Stadtrat eine entsprechende Willensbekundung abgegeben: Man will dem Abseits-Verein und dessen Plänen zum Aufbau eines alternativen Kulturzentrums entgegen kommen und ist bereit, dafür zunächst einmal nicht wenig Geld in die Hand zu nehmen. Genau deshalb aber handelt es sich um eine Entscheidung, wie sie "politischer" nicht sein könnte - und die Stadträte müssen sich schon die Frage gefallen lassen, wieso diese hinter verschlossenen Türen fällt.

Kein Einziger in dem Gremium hat am Mittwoch in der vorangegangenen öffentlichen Sitzung den Mumm aufgebracht, zu beantragen, dass zumindest der politische Teil der Diskussion, die Frage also: "Kauf oder nicht?", öffentlich geführt wird. Ja, es geht um Geld und ja, Grundstücksgeschäfte können laut Gemeindeordnung hinter verschlossenen Türen besprochen werden. In diesem Fall aber hatte zum einen der Eigentümer des Abseits-Areals bereits vor Monaten seinen Kaufpreis genannt - und zum anderen wird hier Steuergeld investiert, die Stadt wird also ohnehin irgendwann offenlegen müssen, wie viel sie sich den alternativen Kulturtempel kosten lässt.

Man hätte erst öffentlich diskutieren und dann nichtöffentlich entscheiden können

Was die von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher angeführten Einzelheiten des Kaufvertrags angeht, hätte es durchaus die Möglichkeit gegeben, die politische Debatte öffentlich zu führen und anschließend über möglicherweise heikle Details nichtöffentlich zu entscheiden. Stattdessen wurde die Öffentlichkeit an diesem Abend über fünf Anträge der Fraktionen informiert, welche die Verwaltung demnächst zu behandeln gedenkt. Und es wurde der verdienstvolle Stadtheimatpfleger Norbert Zanker verabschiedet, plus Begrüßung seines Nachfolgers und anschließendem Sektempfang.

Wie wichtig diese Aspekte der Stadtratsarbeit für den Bürger tatsächlich sind, mag jeder selber entscheiden. Unzweifelhaft aber besteht ein sehr großes Interesse der Öffentlichkeit an der Zukunft des "Abseits". Das haben die kontroversen Diskussionen der Vergangenheit live, in den sozialen Medien und in den Leserbriefspalten der Zeitungen bewiesen; in den Gremien des Stadtrats selbst war immer wieder von einer "politischen Entscheidung" die Rede gewesen. Damit aber hätte jeder gewählte Stadtrat am Ende auch öffentlich Position beziehen müssen. So viel Rückgrat sollte schon sein.

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