Kirchdorf:Patentrezept gegen den Verkehr gesucht

Da der ÖPNV teuer ist und die Fahrzeiten lang, nutzen viele Pendler in den Ampertalgemeinden das Auto zur Arbeit

Die Gemeinde Kirchdorf steht beispielhaft für die Kommunen im Ampertal: Sie liegt in einer schönen Landschaft, bietet eine hohe Lebensqualität, aber der Preis dafür sind eine hohe Verkehrsbelastung und weite Wege zur Arbeit. Darin sind sich die Bürgermeister der zwölf Ampertalgemeinden, die sich zur "Integrierte Ländlichen Entwicklung" (ILE) zusammen geschlossen haben, einig. Konrad Springer, der ehemalige Kirchdorfer Bürgermeister und Sprecher der ILE, hat nun als Arbeitsgrundlage für ein Konzept zur Verringerung der Verkehrsbelastung bei gleichzeitiger Beibehaltung der Mobilität einige Daten und Fakten zum Öffentlichen Nahverkehr und Individualverkehr sowie Ideen für Verbesserungen zusammen gestellt, das in der jüngsten Sitzung des Kirchdorfer Gemeinderats vorgestellt wurde.

Durch die Straßen der knapp 3000 Einwohner-Gemeinde Kirchdorf rolle der Binnen-, Quell- und Zielverkehr sowie der Durchgangsverkehr. Das Angebot an öffentlichem Nahverkehr sei unzureichend, stellt Springer fest. Die Kirchdorfer fahren täglich durchschnittlich 90 Kilometer zur Arbeit, in der Gemeinde gebe es zu wenig Arbeitsplätze, auch die Möglichkeiten der täglichen Versorgung wie Einkaufsmöglichkeiten seien zu gering, die Bevölkerung auf das Auto angewiesen. Derzeit fahren die Busse in Kirchdorf samstags, sonntags und feiertags sehr eingeschränkt, nach 20 Uhr gar nicht. Während der Schulferien sei das Angebot stark ausgedünnt, bedauert Springer. Wie viele Bürger tatsächlich einen langen Arbeitsweg haben, zeigen folgende Zahlen aus dem Jahr 2013: In Kirchdorf lebten damals 2900 Einwohner, es gab 415 Arbeitsplätze in der Gemeinde, 795 Bürger mussten zur Arbeit auspendeln.

Ähnlich sah es in der Gemeinde Haag aus, 2800 Einwohnern standen 227 Arbeitsplätze gegenüber, 926 Bürger pendelten zur Arbeit. In die andere Richtung geht es in Hallbergmoos, bei rund 10 000 Einwohner gab es 11 300 Arbeitsplätze und 6420 Menschen pendelten täglich ein.

Nicht nur, dass viele Menschen jeden Tag viel Zeit auf dem Weg zu ihrem Job verbringen, die Fahrt mit Bus und Bahn dauere wesentlich länger als mit dem Auto, wie Springer an einem beispielhaften Arbeitsweg von Kirchdorf nach München berechnete. Die Fahrt mit dem Auto sei pro Strecke (ohne Stau) eine Stunde schneller als mit Bus und Bahn, ein Autofahrer sei täglich zwei Stunden weniger unterwegs. Auch der Kostenvergleich spreche eher für die Fahrt mit dem Auto, denn eine Isarkarte mit drei Ringen koste immerhin monatlich 180 Euro.

Der ILE-Sprecher listete eine ganze Reihe von Maßnahmen auf, Bürger für einen Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu bewegen, in dem die Busse zum Beispiel häufiger fahren, Schnellbusse mit wenigen Stopps verkehren oder Park and Ride Parkplätze und Treffpunkte für Fahrgemeinschaften entstehen. Für eine Förderung der Elektromobilität könnten E-Ladesäulen an den Rathäusern entstehen, die Bürger überflüssige Fahrten etwa zu Kindergarten und Schule vermeiden und die Radwege weiter ausgebaut werden. Als nächster Schritt im ILE-Projekt "Mobilität" wird die TU München eine Projektskizze erarbeiten, wie die Mobilität im Ampertal erhalten, aber der Verkehr verringert werden könne, schildert Springer. Dies sei Grundlage für ein größeres Projekt, das gemeinsam mit den Kommunen der Leader-Region "Mittlere Isar", zu der unter anderem auch Freising gehört, realisiert werden soll. Sowohl ILE- als auch Leader-Projekte werden aus EU-Mitteln gefördert und vom Amt für ländliche Entwicklung betreut. Große und kleine Kommunen hätten das selbe Problem: dass der Autoverkehr ständig zunehme, aber keiner habe ein Patentrezept, wie man die Bevölkerung zum Umsteigen auf andere Arten der Mobilität bewegen könne, so Springer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: