Kirchbergers Woche:Unter besonderem Schutz

Sie sind unübersehbar: Bei einem Spaziergang über den Freisinger Waldfriedhof sieht sich der Besucher mit kleinen und großen Maulwurfshügeln konfrontiert

Kolumne Von Johann Kirchberger

Wer zurzeit durch den Freisinger Waldfriedhof geht, für den sind sie unübersehbar: Maulwurfshügel, kleine, große, einer neben dem anderen. Auf den Wegen, neben den Gräbern und selbst in den Gräbern. Die niedlichen Tierchen mit ihrem weichen, samtigen Fell sind fleißige Untertagearbeiter, legen auf der Jagd nach Würmern ganze Labyrinthe aus Gängen an und drücken die Erde in regelmäßigen Abständen nach oben. Wühlmäuse darf man mit Fallen jagen oder vergiften, den Maulwurf nicht, der steht unter Naturschutz. Man darf ihn nur vertreiben. Im heimischen Garten gelingt dies manchmal durch allerhand Duftstoffe, Mottenkugeln etwa mag er nicht, Lavendelöl auch nicht. Aber auf einem großen Friedhofsareal sind solche Mittel nicht tauglich. Lärm mag der Maulwurf übrigens auch nicht, aber wer würde ernstlich erwägen, auf einem Friedhof zu lärmen?

Würde ein Mensch in fremden Gräbern wühlen, müsste er sich wegen Störung der Totenruhe verantworten. Nach Paragraf 168 StGB wird so etwas mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. Aber wie bestraft man einen Maulwurf? Geldstrafe geht nicht, weil mittellos. Freiheitsstrafe wäre möglich, aber wer soll den schlauen Kerl fangen? Todesstrafe geht auch nicht, ist verboten. Die Friedhofsverwaltung ist ratlos, die Grabbesitzer sind verärgert, der Maulwurf ist zufrieden und fühlt sich wohl.

Der Biber ist auch so ein Kandidat, der sich bei uns wohl fühlt, aber für viel Ärger sorgt. Mit großem Fleiß ausgestattet, legt er Bäume um, baut sich Burgen, staut Bäche auf und richtet mitunter erhebliche Schäden an. Seine natürlichen Feinde wären Bär, Luchs, Puma und Wolf. Die aber hat der Mensch längst ausgerottet. Bleiben Landwirte, Förster und Fischer, die dem Biber an den Kragen wollen, aber nicht dürfen. Denn der Castoridae, wie er mit wissenschaftlichem Namen heißt, kann sich auf die Bundesartenschutzverordnung berufen und darf nicht gejagt werden. Zumindest in der Regel nicht. Manchmal nämlich macht das zuständige Landratsamt eine Ausnahme. Würde die Abschusserlaubnis großzügiger ausgelegt, könnte es der Biber vielleicht sogar auf die Speisekarten der Spezialitäten-Restaurants schaffen: Biber-Schnitzel nach Wiener Art, ein Bio-Produkt aus der Region oder so ähnlich. Immer wieder mal hört man ja von Leuten, die das Fleisch des Nagers schon irgendwo probiert haben wollen. Dem Vernehmen nach soll es ganz vorzüglich schmecken.

Unter besonderem Artenschutz stehen auch die großen Silbervögel, die sich besonders gerne im Erdinger Moos niederlassen oder von dort in die weite Welt hinaus fliegen. Sie verbrennen Kerosin, stinken, lärmen und versauen das Klima. Aber das macht nichts, sagen die Politiker, die selbst so gerne fliegen. Die einmal festgesetzten Klimaschutzziele können bis 2020 eh nicht eingehalten werden. Da macht es auch nichts, dass selbst das Umweltbundesamt den Flugverkehr als klimaschädlichsten Verkehrsträger bezeichnet. Anders als Benzin und Diesel bleibt Kerosin weiterhin unversteuert, bei grenzüberschreitenden Flügen muss nicht einmal Mehrwertsteuer bezahlt werden. Solche Steuersubventionen müssen sein, sagen die Verkehrspolitiker, sonst wäre es ja nicht möglich, für 50 Euro nach Mallorca zu fliegen. Das leuchtet ein.

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