Kirchbergers Woche:Kunstwerk Infotafelwald

Wer in den Isarauen unterwegs ist, muss heutzutage viel lesen, ist dann aber umfassend informiert

Weil die Isar - Originalton Oberbürgermeister Eschenbacher - "ein meditativer Grünzug mitten im urbanen Trubel der Stadt" ist, war es höchste Zeit, dass der Mensch hier ein wenig gestalterisch eingreift. So sind jetzt erste Kunstwerke in schon länger aufgestellten leeren Metallrahmen feierlich enthüllt worden, als Teil eines meditativen Isarwegs der Religionen. Das mag seinen Sinn haben, und der inneren Erbauung dienlich sein. Wenn nun einige Idioten glauben, ihrer infantilen Zerstörungswut freien Lauf lassen und alles kaputtschlagen zu müssen, so ist das traurig, aber leider wahr.

Aber es gibt auch wesentlich profanere Gestaltungselemente für die Isarufer. Allein auf Lerchenfelder Seite stehen unterhalb der Korbinianbrücke auf engstem Raum zwölf Schilder, wonach Müll in Mülltonnen gehört, Glasflaschen auf den Kiesbänken verboten sind, es für das Grillen am Ufer Regeln gibt und sich der Leser der Botschaft in einem FFH-Gebiet befindet. In Sichtweite steht eine Skulptur aus Bronze, die aussieht, als würde sie das Geschehen filmen. Erst bremst der Wald, dann schützt der Deich, steht darauf. Auch jede Menge Findlinge liegen herum. Auf dem größten wird angezeigt, wie hoch das Wasser 1940 stand. Immer wieder stößt man in der Au auch auf Schilder des Wasserwirtschaftsamts, wonach es zwar erlaubt sei zu baden, aber auf eigene Gefahr, weil nicht ungefährlich.

Kürzlich hat die Stadt, um das Naturerlebnis Isar zu komplettieren, auch noch große Infotafeln aufgestellt, mit vielen Bildern und noch mehr Text. Darauf wird der Auwaldbesucher unter anderem informiert, dass Freising die älteste Stadt an der Isar ist und es sich lohnt, nicht nur am Isarufer entlang zu radeln, sondern auch durch die Altstadt zu bummeln, den Domberg zu besuchen oder einen Abstecher nach Weihenstephan zu unternehmen. Auf anderen Infotafeln ist der Lebenslauf der "reißenden Isar" beschrieben, der "Isara Rapidus", wie der alte Römer zu sagen pflegte. Insgesamt sieben solcher Tafeln sind es auf Freisinger, je drei auf Marzlinger und Langenbacher Hoheitsgebiet. Hat 12 000 Euro gekostet, der Spaß. Ist aber sehr preisgünstig für eine "animierende Verbindung zwischen Natur, Landschaft und Kultur", und wurde nicht umsonst aus Mitteln der EU bezuschusst. Noch aber ist viel Platz am Wasser, viel Raum für behördliche Kreativität. So lange bis es eines Tages heißt: Man sieht den (Au)wald vor lauter Schildern nicht.

Die Korbinianbrücke selbst ist übrigens auch beschriftet, die Sprüche stammen aber nicht von der Stadt, sondern von Hohlköpfen mit Graffiti-Ausrüstung. "Narrenhände beschmieren Tisch und Wände" wäre ein wichtiger Hinweis, der auf den noch leeren Metallschildern am Isarufer angebracht werden könnte. Nützen würde es nicht viel. Hohlköpfe lesen nicht, sie schmieren.

Ganz andere Probleme hat derzeit die Autobahndirektion. Sie will unweit der Isarauen an der A 92 eine Rastanlage bauen. Weil gegen den ins Auge gefassten Standort bei Zustorf die Anlieger protestieren, hat die Autobahndirektion Plan B ausgepackt: ein Gelände in der Hirschau zwischen Eittingermoos und Marzling. Doch das geht gar nicht. Das fragliche Areal liegt mitten in einem europäischen Vogelschutzgebiet, hier brüten Kiebitz, Rohrweihe und Neuntöter. Heißt: das Areal ist absolut tabu, die Vögel dürfen nicht vertrieben werden. Etwas merkwürdig ist das schon. Eine Rastanlage darf in einem Vogelschutzgebiet der EU nicht gebaut werden, eine dritte Startbahn schon.

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