Kirchbergers Woche:Kampf dem Wildwuchs

Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zkunft betreffen.

Von Johann Kirchberger

Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Ein Karl Valentin zugeschriebenes Zitat, das den Kopf auf den Nagel trifft oder umgekehrt. Aber ein wenig zu spekulieren, was wird oder werden könnte, das hat schon seinen Reiz. So weiß zum Beispiel niemand so genau, was Ministerpräsident Horst Seehofer gerade denkt und tut und ob er womöglich Florian Herrmann bald zum Innenminister im Freistaat machen wird, oder vielleicht doch nicht. Kein Mensch weiß auch, ob das "Abseits" in Neustift jemals wieder zu einer Kulturkneipe wird. Gleichwohl kann man darüber spekulieren und streiten, ob der Kauf dieser Immobilie gut oder schlecht ist, und wie sich der Stadtrat irgendwann einmal vielleicht entscheiden wird. Gleiches gilt für die Freisinger Innenstadt und ob deren Neupflasterung mit Berbinger Granit schön wird oder die Öffnung der Moosach sinnvoll ist und ob das Werk einmal den Beifall der Freisinger finden wird.

Auch die Echinger sind sich noch nicht so ganz sicher, was sie vom großzügigen Umbau ihres Rathauses halten sollen. "Braucht's des wirklich?", ist immer wieder mal zu hören. Na ja, die Gemeinderäte werden es schon wissen. Nicht gewusst haben besorgte Bürger, was die Gemeinde mit dem kleinen Areal an der Roßbergerstraße vor hat. Deshalb steht dort jetzt ein Schild mit der Aufschrift "Das soll eine Blumenwiese werden". Nicht ohne Grund. Die besorgten Bürger nämlich haben sich als besonders tatkräftig erwiesen und sind der aufgehenden Wildblumensaat kurzerhand mit der Sense näher gerückt. Vermutlich weil alles so unordentlich ausgesehen hat und wohl auch, damit mehr Platz ist für Stiefmütterchen und andere schöne Blumen, die brav in Reih und Glied stehen.

Naturnahe Anpflanzungen stoßen eben nicht immer auf ungeteilte Zustimmung, wie auch das Beispiel Massenhausen zeigt. Dort haben Unbekannte in einer Nacht- und Nebelaktion einen naturnah angelegten Straßenkreisel abgemäht. Auch dort muss es unordentlich ausgesehen haben, es sollen sogar Disteln gewachsen sein. Anders in Fahrenzhausen, da handeln die Gemeinderäte vorausschauend. Ehe besorgte Bürger mit der Axt anrücken, lassen sie auf dem Friedhof Bäume fällen und Sträucher lichten, damit es dort nicht länger so naturwüchsig und unordentlich aussieht.

Auf energischen Widerstand gestoßen ist im sonst so aufgeschlossenen Hallbergmoos eine naturnahe Bepflanzung der öffentlichen Grünflächen. Mit Wiesen und Wildblumen werde nur einem unordentlichen Wildwuchs Vorschub geleistet, fand die Mehrheit des Gremiums und verweigerte dem entsprechenden Antrag der Grünen die Zustimmung. Bienenkästen aufstellen zu lassen, wurde auch abgelehnt. Könnte ja jemand gestochen und die Gemeinde haftbar gemacht werden.

Die Natur hat es eben schwer in unseren Breiten, weil sie so unordentlich ist. So gesehen erscheint die Gestaltung der großen Freifläche vor dem neuen Gebäude der Fachhochschule Weihenstephan in einem ganz neuen Licht. Ein schlichtes Betonpflaster, eine Steinwüste ohne störendes Grün wurde an der Vöttinger Straße angelegt. Aber das sieht wenigstens ordentlich aus, das ist in die Zukunft gedacht, so geht man Konflikten aus dem Weg. Und sollte doch einmal etwas zwischen den grauen Platten heraus sprießen, wozu gibt es Glyphosat?

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