Kirchbergers Woche:Auf Umwegen durchs Leben

Lesezeit: 2 min

Warum es in Urlaubszeiten sinnvoll sein kann, sich gar nicht mehr aus dem Haus zu bewegen

Von Johann Kirchberger

Stell dir vor, in Moosburg ist Herbstschau und keiner kommt hin. Unmöglich, und deshalb hat Bürgermeisterin Anita Meinelt par ordre du mufti angeordnet, dass die Straßenbaufirmen am 12. September fertig zu sein haben. Derzeit nämlich ist Moosburg vom Norden her nur für Fußgänger und Radfahrer erreichbar, weil die Isarbrücke ein bisschen verschoben wird. Und aus Richtung Süden ist das Durchkommen ebenfalls nicht leicht, weil in Langenbach eine Brücke über die B 11 gebaut wird. Die offizielle Umleitung erfolgt über Oberhummel, damit das aber nicht ganz reibungslos klappt, wurde eine Baustellenampel dazwischen gestellt. Die Einheimischen werden sich schon irgendwie durchschlagen, sie kennen die Schleichwege über Haag und sonst wo. Fremde müssen Moosburg eben großräumig umfahren. Lastwagen sind im Zentrum der Dreirosenstadt ohnehin unerwünscht.

Auch in Freising wird kräftig gebaut und umgeleitet. Wer etwa von Lerchenfeld kommend mit dem Fahrrad die Luxus-Unterführung am ehemaligen Bahnposten 15 passiert, kommt auf dem Weg in die Innenstadt zur Heiliggeistgasse. Die freilich ist schon länger gesperrt, dann radelt man eben durch die Luckengasse. Die war diese Woche allerdings auch dicht. Also ab über die Fischergasse in die Brennergasse. Da ist auch kein Durchkommen. Bleibt die Hummelgasse. Die ist so schmal, dass kein Auto durchkommt. Aber ein Radl schon. Also, wo ist das Problem?

Eigentlich braucht man sich ja mittlerweile gar nicht mehr aus der Wohnung wegzubewegen. Amazon, Zalando, Rewe und andere liefern Bücher, Bekleidung und inzwischen auch Lebensmittel ins Haus, Pizza und Thai-Gerichte kommen per Boten und wer sich Freising ansehen will, kann das wohl bald auf seinem Smartphone tun. In Weihenstephan funktioniert das schon, dort lädt die TU zu einer interaktiven Campustour ein. Lässt sich alles bequem herunterladen und so ganz nebenbei werden auch noch Fragen beantwortet, alles wie bei einer offiziellen Stadtführung. Der große Vorteil dabei: die Straßenbauer können ungehindert ihrer Arbeit nachgehen.

Wenn es um die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht, dann ist die Stadt auch ausgefallenen Lösungen gegenüber aufgeschlossen. Als im Asamsaal beinahe die historische Stuckdecke heruntergefallen wäre, wurde einfach eine neue Stützdecke eingezogen, mit einem Foto von der alten Ansicht. Als jetzt vom Asamkomplex die Dachziegel herunterzufallen drohten, hat man die nicht etwa besser befestigt - das steht erst im nächsten Jahr auf der Agenda - sondern ein Netz über das Dach gezogen. So kommt niemand zu Schaden, wenn er bei einem starken Unwetter spazieren geht. Sehr praktisch.

Immer wieder mal ist die Rede von Nachahmungstätern. Etwas nachzuahmen muss aber nicht immer schlimm sein. In Freising beispielsweise wurden heuer in der Oberen Hauptstraße bereits im zweiten Jahr Sitzmöbel aufgestellt, zusammengenagelt aus alten Paletten. Passanten können sich hier ausruhen, ein Buch lesen oder sich in Prospekten ansehen, wie schön die Innenstadt in ein paar Jahren umgebaut wird. Das hat die Neufahrner nicht ruhen lassen. Der Bauhof hat Paletten zusammengeschraubt, Buben und Mädchen haben sie angemalt, Sitzkissen drauf und ab ins Ortszentrum. Bücher gibt's in der nahen Bibliothek, jetzt brauchen die Neufahrner nur noch die Zeit, um sich in Ruhe niederzulassen. Aber noch sind ja Ferien.

© SZ vom 27.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: