Kirchbergers Woche:Allerlei Bedürfnisse

Vom Kloturm zu Freising und einer Toiettenanlage mit Raststätte zu Fürholzen

Von Johann Kirchberger

Wenn etwas ordentlich schief läuft, dann entwischt jedem schon mal das Wort "Scheiße". Aber es ist unfein, weshalb schon kleinen Kindern gepredigt wird, so etwas nicht zu sagen. Schreiben tut man so ein Wort natürlich gleich gar nicht. Deshalb können Sprüche wie "Unser Dingshaus ist ein Turm, da kann das Dingsda owesurrn" auch nur verschlüsselt wiedergegeben werden. Nun, in Freising steht so ein Turm, nicht irgendwo, sondern ausgerechnet auf dem heiligen Domberg und heißt Oktogon oder neuerdings auch Kloturm. Errichtet 1876 als Anbau an das sechs Jahre zuvor gebaute Knabenseminar, das später, als es keine Knaben mehr gab, zum Diözesanmuseum mutierte.

Aber weil jetzt auch auf dem Domberg alles neu und anders und deshalb viel abgerissen werden muss, soll genau dieser Anbau verschwinden. Pikanterweise um Platz für eine Gastronomie zu bekommen. Sogar das Denkmalamt hat dem Abriss zugestimmt, da dieser Baukörper zwar eine Bedeutung für die Geschichte der Hygiene haben mag, nicht aber für die Architektur. Stadtheimatpfleger Zanker, der Verein Aktive City und viele Freisinger sehen das nicht zu Unrecht ein wenig anders. Für sie ist das Oktogon prägend für das Stadtbild und sollte unbedingt erhalten werden. Die Mehrheit im Planungsausschuss der Stadt hat dem Abbruch zugestimmt, zehn Stadträte aus fünf Fraktionen haben die Entscheidung reklamiert, weshalb sich jetzt der Stadtrat in seiner Gesamtheit mit dem Kloturm beschäftigen muss und der Landtag sowieso, weil Zanker eine Petition eingereicht hat. Darüber befunden wird allerdings erst nach den Wahlen, nicht dass Freisings hygienische Verhältnisse noch zu einem Politikum werden.

Schon seit längerem verschwunden ist im Zuge der Asam-Sanierung die öffentliche WC-Anlage an der Brennergasse. Ersatz-Toiletten wurden erst am Rindermarkt und später in der Fischergasse aufgestellt. Nun soll bekanntlich eine fast schon pompöse Anlage südlich des Standesamts gebaut werden, für 170 000 Euro. Aber irgendwie geht da nichts voran. Derzeit stehen als Provisorium drei Chemie-Klos in der Fischergasse. Marktbeschicker und vermutlich nicht nur die, halten sie für eine Zumutung: schmutzig, meist ohne Papier und ohne Möglichkeit, sich die Hände zu waschen. Kein Aushängeschild für Freising.

Anders ist das in Fürholzen. Da wurde gestern eine Toilettenanlage vom Feinsten eingeweiht, zusammen mit einer modernen Raststätte dran, die sich gewaschen hat. Ganz ohne Ärger dürfte es aber auch hier nicht abgehen. Denn die WC-Betreiber verlangen 70 Cent Benutzungsgebühr. 50 Cent bekommt man zwar später als Verzehrgutschein wieder zurück, hilft aber nicht viel, weil Essen und Getränke schon vor dem Verzehr bezahlt werden müssen. Gleichwohl waren zu dieser Einweihungsfeier, rein zufällig zwei Tage vor einer Bundestagswahl, natürlich leibhaftige Minister angekündigt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Bundesautobahnminister Alexander Dobrindt etwa, und in ihrem Schlepptau der noch örtliche CSU-Wahlkämpfer Erich Irlstorfer. Einen Auftritt, bei dem so viele Fotos gemacht werden, darf man sich schließlich nicht entgehen lassen. Die Freisinger Toilettenanlage, sollte sie irgendwann fertig werden, darf dann wohl - vermutlich ohne Dobrindt - Landtagskandidat Florian Herrmann einweihen. Rechtzeitig vor der Landtagswahl. Womit wir wieder beim Landtag und dem Oktogon wären.

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