Kinderbetreuung:Wenig Lust auf gute Jobaussichten

Wer eine Ausbildung zum Erzieher an der staatlichen Fachakademie für Sozialpädagogik in Freising absolviert, braucht sich keine Sorgen um einen Arbeitsplatz zu machen. Trotzdem bleibt der große Ansturm auf das Angebot aus

Von Alexandra Vettori, Freising

Das Bild der Tropfen auf heißem Stein drängt sich auf, blickt man auf die jährlichen Absolventinnen der staatlichen Fachakademie für Sozialpädagogik. So begehrt sind die Erzieherinnen, die hier nach fünf Jahren Ausbildung auf den lechzenden Arbeitsmarkt entlassen werden, dass private Träger von Münchner Kindertagesstätten bisweilen persönlich vorsprechen und die Absolventinnen von der Schulbank weg anwerben möchten. Da aber schiebt Michaela Then, in der Schulleitung zuständig für die Akademie, einen Riegel vor: "Die Stellenausschreibungen hängen wir ans schwarze Brett, mehr nicht."

Denn auch, wenn die Akademie nun schon in ihrem vierten Jahr am staatlichen Schulzentrum Freising ist, hat sich an den Jobaussichten nichts geändert: "Arbeitslos wird da niemand, die Absolventen werden mit Handkuss genommen", sagt Michaela Then. Am Grundproblem des Berufsbildes aber hat sich nicht groß etwas geändert: Der Ansturm beim Nachwuchs bleibt aus. Derzeit gibt es 42 Anmeldungen für kommendes Schuljahr, immerhin genug für zwei Klassen. Doch 60 könnten unterrichtet werden.

Die verallgemeinernde weibliche Form ist im Zusammenhang mit der Fachakademie durchaus rechtens. Von den derzeit 120 Studierenden sind gerade mal sechs männlichen Geschlechts. Angefangen hat die Fachakademie am Freisinger Berufsschulzentrum im Jahr 2014/15, damals zählte man 27 Absolventinnen. 2016 waren es 18, 2017 verließen 38 die Schule. Bis August läuft die Anmeldung für das kommende Schuljahr, gut möglich, dass es noch mehr werden als die derzeit 42 Anmeldungen.

Der Grund, warum der Beruf der Erzieherin nicht gefragter ist, liegt in erster Linie am Gehalt. Dabei hat sich einiges getan, mittlerweile liegt der Durchschnitt bei 2300 bis 2900 Euro brutto im Monat, allerdings ist es auch ein anstrengender Job. Dazu kommt, dass man mindestens die Mittlere Reife benötigt und dann fünf Jahre Ausbildung vor sich hat. Was wenige wissen: Einer Erzieherin steht mit einer Ergänzungsprüfung in Englisch und durchgehendem Matheunterricht bei sehr gutem Abschluss auch ein fachgebundenes Hochschulstudium offen. "In der Regel sind es zwei bis drei je Jahrgang, die meisten aber", weiß Michaela Then, "wollen dann Geld verdienen." Als besonderes Zuckerl vom Staat gibt es nach erfolgreichem Abschluss 1500 Euro Meister-Prämie.

Im Berufsschulzentrum Freising setzt man zur Attraktivitätssteigerung besonders auf Kultur. Musik etwa ist ein Ausbildungsschwerpunkt bei den Wahlpflichtfächern. Im ersten Jahr steht stets ein Musical auf dem Programm, die nächste Aufführung ist am kommenden Mittwoch. Diesmal wird "Robin Hood" gezeigt. Zusätzlich zu Gesang und Musik gibt es weitere Fächer, die im Musical Anwendung finden, etwa Kostüme nähen, Bühnenbild und Requisite und Marketing. Im zweiten Ausbildungsjahr kann man ein Instrument lernen.

Fünf Jahre dauert die Ausbildung, zwei Jahre davon ist man an der Fachakademie, ein Jahr im Praktikum und die ersten zwei Jahre werden an der Berufsfachschule für Kinderpflege abgeleistet. Diese Ausbildungsrichtung gibt es schon seit gut 20 Jahren am Freisinger Berufsschulzentrum. Hier ist die Nachfrage größer. Alle 93 Plätze für das neue Schuljahr sind bereits vergeben. Warum so viel mehr Frauen Kinderpflegerin werden möchten als Erzieherin, liegt vor allem am einfacheren Zugang. Voraussetzung ist ein Mittelschulabschluss, die Ausbildung dauert nur zwei Jahre. Mit entsprechendem Engagement kann man aber draufsatteln. Wer nach den zwei Jahren mit schlechtestens einer 3,0 im Zeugnis abschließt und eine Zusatzqualifikation in Englisch nachweist, hat die Möglichkeit an die Akademie zu wechseln und Erzieherin zu werden.

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